Während sich die Kreativität vieler Opernhäuser hierzulande beim Weihnachtsprogramm oftmals auf Mozarts Zauberflöte und Humperdincks Hänsel und Gretel beschränkt, zeigt die Oper Frankfurt entgegen der Trends, aber ganz auf der Linie ihrer besonderen Spielplangestaltung, eine ihrer so sehr geschätzten Raritäten: Die Nacht vor Weihnachten von Nikolai A. Rimsky-Korsakow. Ein selten gespieltes Werk, aber dennoch eine geradezu perfekte Wahl für die Weihnachtszeit.
Basierend auf der Erzählung von Nikolai Gogol entfaltet sich eine überaus märchenhafte, aber ohne allzu viel Kitsch auskommende Inszenierung, die sich charmant an der Nostalgie russischer Märchen, aber zugleich auch an einer zeitgemäßen Ästhetik orientiert. Nur einzelne, für die Handlung notwendige Requisiten sind durch den Regisseur Christof Loy auf nahezu leerer, mit weihnachtlichen Farben stimmungsvoll ausgeleuchteter Bühne platziert.
Zwischen einer promiskuitiven Hexe, deren Liebhaber in Jutesäcke gesteckt werden, einem Teufel, der den Mond versteckt und einem verliebten Schmied, der die goldenen Schuhe der Zarin stehlen muss, um seine Geliebte für sich zu gewinnen – diese zunächst verworren anmutenden Handlungsstränge verknüpft Loy ganz organisch und entfaltet eine hinreißende Weihnachtsgeschichte der etwas anderen Art. Seine mit allerlei Humor gespickte Personenregie lässt das Geschehen zur unterhaltsam magischen Realität werden. Mit einer fantastischen Leichtigkeit muss niemand wirklich bangen, denn alles fügt sich am Ende zum Guten: Das Liebespaar findet zueinander, die Liebhaber lachen über ihr Ungeschick und man bejubelt nicht die großzügige Zarin, sondern stimmt zum Lobpreis auf den Dichter Gogol an. So schön ist es eben nur im Märchen und wann, wenn nicht an Weihnachten, soll dies gestattet sein?
Rimsky-Korsakow gilt als Meister der Instrumentationskunst. Seine Musiksprache bedient sich in dieser Oper reicher Klangfarben mit wiederkehrender Leitmotivik, kombiniert mit Melodien ukrainischer Volkslieder, dessen Ergebnis ein einnehmendes wie unterhaltsames, zugleich berührendes und sehr wohl zu Unrecht vergessenes Werk ist. Der Dirigent des Abends Takeshi Moriushi vermochte als sog. Studienleiter der Oper Frankfurt musikalisch viel mehr aus dieser Partitur herauszuholen als sein Titel zunächst ahnen ließ: Die Holzbläsergruppen, Klarinette und Fagott, herausarbeitend, diese in den schwungvollen, facettenreichem Klang des Streicherapperats einarbeitend, gelang es ihm die Genialität von Rimsky-Korsakows Instrumentierung erlebbar werden zu lassen. Die mannigfaltigen Stimmungen der einzelnen Szenen – changierend zwischen Massenauftritten des Opernchors, vitalen Zwischenspielen mit Tanzeinlagen des Ballett, bis hin zu innigen kammermusikalischen Monologen des Schmieds Wakula – wurden unter Moriushis musikalischer Leitung durch geschickte Schattierungen im tiefen Blech stetig neu austariert und mit Leben gefüllt. Das bestens intonierte Frankfurter Opern- und Museumsorchester folgte seinem Dirigenten mit Spielfreude und in Präzision. Der von Tilman Michael einstudierte Frankfurter Opernchor fügte sich der orchestralen Qualität in imposanten klang- und facettenreichem Ausdruck.