Da saß man nun, ob alleine, zu zweit oder zusammen mit der engsten Familie, und vermisste die Lieben, die man nicht um sich haben konnte! Auch die in einem Saal oder einer Kirche gelauschte Musik bildete eine schmerzlich eingestellte Tradition, zu der in der Weihnachtszeit überwiegend Bachs Oratorium gehörte. Traditionell ist beim Freiburger Barockorchester glücklicherweise meistens nichts dergleichen, sondern die musikalische Erfahrung stets neu und entdeckungsfreundlich. So passte es, dass das langjährige Ensemblemitglied Éva Borhi erstmals die Leitung als Konzertmeisterin im Weihnachtsprogramm „The trumpet shall sound“ übernahm, das vor einer selten gespielten Haydn-Symphonie den gewohnt weniger beachteten Komponisten Carl Stamitz, Johann Wilhelm Hertel und François-Joseph Gossec gewidmet war, zählten jene doch ebenso zu prägenden Figuren in der aufbrechenden Blütezeit drängender Klassik zwischen 1750 und 1800.
Ohne Trübsal über die Absage des ursprünglich anvisierten und titelgebenden Trompetenkonzerts von Mozart Vater und der herrlichen Rarität aus dem böhmischen Fundus von Jiří Ignác Linek zu blasen, ergriffen die Hörner am besser „The horns and oboes shall ring“ zu nennenden Abend das Kommando und riefen bei Stamitz' D-Dur-Symphonie zur Jagd. Und wie! Die Waidmannsheil-Motive quollen im Allegro mit einer derartig überbordenden Frische heraus, dass alles und jeder vor Vorfreude, Spannung und Aufregung ans Laufen kam. Schlenderisch erhaben streifte man dagegen im wahrlich hinreißend phrasierten Andante durch die idyllische Flur des grünen Bewuchses, ehe ein röhrend-musikalischer Presto-Spaß Gewehr bei Fuß zur Pirsch rief. Ohne zu übertreiben, so eine Ausgelassenheit, so einen schäumenden Brunnen an Glück und Rhythmik habe ich noch nicht erlebt, selbst bei Haydns Jahreszeiten nicht! Denn die Hornisten Bart Aerbeydt und Gijs Laceulle stießen höchst varianten- und erfolgreiche Lockrufe aus, wobei letzterer seine Hand als Luftschnapper- und Stopfer am Schalltrichter einsetzte, um besonders köstliche Signale zu fabrizieren. Und Streicher und Oboen stimmten in diesen Schwang und Fang ohne Abstriche fulminant mit ein, so dass diese Chasse für die prächtigstmögliche Einstimmung auf den vom Orchester geplanten Freischütz gehalten werden darf.
Der Duft des Tannengrüns verbreitete sich mit Gossecs Suite de Noël, in der die Bläser in wärmeren Farben die Nachdenklichkeit, die charmante Einfachheit sowie die freudig-zünftige Andacht der Hirten über das Geburtenbulletin verkörperten. Pastorale Besinnlichkeit der Streicher wechselte sich dabei mit dem folkloristischen Schellenschlag ab, für den die zweite Fagottistin Letizia Viola ihr Holz kurz beiseite legte. Zum festlich glänzenden Blech griff Jaroslav Rouček für Hertels Drittes Trompetenkonzert. Obwohl der Solist im höllisch vertrakten Vorschlags-Auffahr-Motiv des Allegro ma non troppo unüberhörbare Schwierigkeiten hatte, biss er sich in der Wiederholung mit starkem Willen so ermutigend durch, dass die der Widerspenstigkeit und virtuosen Herausforderung des Naturinstruments geschuldeten Probleme keinen groß nachtragenden Schaden anrichteten. Zu schnell landete man im langsamen Ariensatz, in dem Rouček dann mit lieblichen und klaren Spitzentönen unter Beweis stellte, warum er einer der besten historischen Trompeter ist. Auch im Vivace erschallte seine Fanfare richtig königlich, wenngleich die tückische Sechszehntelfigur etwas bäuerlicher verdruckst wurde.