Aus dem Stefaniensaal komm’ ich her und ich kann euch sagen, es weihnachtet sehr! Zwar ließ mich das angesetzte Programm des Weihnachtsmärchens zunächst zweifeln, ob an diesem Abend wirklich Stimmung und Vorfreude auf den 24. Dezember aufkommen werden würden, haben doch weder Schwanensee noch das Märchen von der schönen Melusine viel mit Weihnachten zu tun. Streng genommen gilt das aber auch für Hänsel und Gretel, eine Oper, die zum Adventklassiker wurde, obwohl eine böse Hexe auch nicht unbedingt dadurch festlicher wird, dass sie ein Lebkuchenhaus als Lebendfalle einsetzt. Andererseits passen Märchen ja sowieso zu jeder Jahreszeit und zu jedem Lebensalter und entgegen meiner anfänglichen Skepsis haben mich Felix Mendelssohns Ouvertüre zum Märchen von der schönen Melusine, Engelbert Humperdincks Suite aus Hänsel und Gretel und Piotr Iljitsch Tschaikowskys Suite aus Schwanensee doch noch in eine vorweihnachtliche Stimmung versetzt.
Unter der Leitung von Dirigent Michael Hofstetter machten die Musiker des recreation-Orchesters Graz gleich zu Beginn deutlich, dass sie sich in plastisch-greifbaren Märchenwelten hörbar wohlfühlen. Das schlängelnde Nixenthema mit den sanften Wasserwellen verklanglichte das Orchester träumerisch und sanft, während es den Ritter auf seinem Pferd majestätisch galoppieren ließ. Als sich die Handlung des Märchens schon dramatisch zuspitzt, schien immer viel Melancholie durch, die auch die Romantik der Begegnung zwischen Melusine und dem Ritter in den Hintergrund rückte und die dunklen Seiten des Märchens eindrücklich hervorhob.
Gruselig und ziemlich düster geht es zwar, wenn man sich die Handlung tiefenpsychologisch ansieht, auch bei Hänsel und Gretel zu, aber da man als Zuhörer unweigerlich darauf konditioniert ist, eine weihnachtliche Assoziation zu haben, kam bei mir dennoch bei der Suite aus Humperdincks Oper die meiste Stimmung auf. Stark dazu bei trug die besinnlich und ruhig gehaltene Interpretation von Michael Hofstetter, der zum Großteil sehr getragene Tempi wählte und nur passagenweise etwas mehr Verve von den Musikern forderte. So wurde der Unterschied zwischen den verschiedenen Stimmungen innerhalb der Suite auch besonders deutlich: Im Hexenritt preschte das Orchester regelrecht vor, sodass man die hinterhältige Hexe sofort vor Augen hatte, während der Knusperwalzer zu einem schwungvollen Feiern des Todes der Knusperhexe wurde und die Freude darüber in jeder gespielten Noten mitschwang.