Danielle Gatti hat als Chefdirigent des Royal Concertgebouw Orchesters in Amsterdam nun seine erste Uraufführung äußerst liebevoll aus der Taufe gehoben. Ursprünglich sollte das Konzert mit Eiréné, poème nocturne pour orchestre von Guillaume Connesson eröffnet werden. Während der Probenphase entschied Gatti dann aber, dem Publikum das neue Werk nicht nur einmal, sondern gleich zwei Mal darzubieten.
Das Konzert begann deshalb anders als geplant mit einem der bekanntesten Werke des Niederländers Rudolf Escher. Dessen Musique pour l’esprit en deuil, komponiert zwischen 1941 und 1943, ist einsätzig und besteht aus einer Einleitung, Exposition, Durchführung, Reprise und Coda. Es ist ein herrlich rauschendes rhapsodisches Konzertstück für groß besetztes Orchester ergänzt mit zwei Harfen und fünf Schlagzeugern. Das Stück begann drohend mit Harfen und großer Trommel, worauf erst eine hohen Melodie von Geigen und hohen Holzbläsern folgte. Nach einer anderen Melodie der tiefen Streicher intonierte die Trompete eine Flamenco-Melodie. Die Stimmung wurde drohender und die Lautstärke zwingender, es kamen Marschrhythmen auf, die durch südländische Klänge unterbrochen wurden. Zum Ende beeindruckte ein eindringliches Englischhornsolo. Gatti ist ein meisterhafter Stimmungsmacher. Nicht nur das Auf- und Abschwellen seines Musikerensembles dirigierte er kunstvoll und sehr effektiv, auch alle Farbschattierungen des Klangmalers Escher setzte er mit einfachen Gesten ins rechte Licht und bescherte den Zuhörern damit einen wahren Ohrenschmaus. Man kann dem Concertgebouworkest nicht genug danken, dass es die Werke von Escher regelmäßig ins Programm nimmt und sie damit vor dem ungerechtfertigten Vergessen bewahrt.
Noch vor dem Auftritt des mit Spannung erwarteten Solisten dieses Abends ging nun das Premièrenstück zum ersten Mal über die Bühne. Gatti hatte schon während seiner Amtszeit als Chef des Orchestre National de France in Paris ein Stück bei Connesson in Auftrag gegeben. Connesson sollte damals einen modernen Kommentar zu Beethoven schreiben und nannte diese Komposition Flammenschrift. Das aktuelle Konzertthema war Krieg und Frieden und Connesson entlieh seinen Titel der griechischen Mythologie. Eirene (oder Irene) ist die Personifizierung von Frieden und Wohlstand und wurde oft als schöne junge Frau mit dem Horn des Überflusses, einem Zepter und einer Fackel dargestellt. Das poetische Charakterstück klang sehr französisch, mit deutlichen Anlehnungen an den Stil des Impressionismus, und wurde mit Verve und Humor gespielt. Gelegentliche Dissonanzen unterstrichen den romantischen Charakter dieser Musik, die vor allem durch farbenprächtige Instrumentation beeindruckte. Ein Oboensolo eröffnete das musikalische Gedicht gefolgt von der Flöte, die Cellogruppe spann den Faden fort, bis endlich die Geigen ins Spiel kamen und auch die Hörner sich einmischten. Der folgende Mittelteil war rhythmisch geprägt durch Holzbläser, Tremoli der Flöten und einen Gong. Ein Aufbäumen gelang durch Trompetenstöße zu schnellen Cellopizzicati, welche die Bässe übernahmen, worüber sich ein Trompetensolo bis zur Extase entspann. Und wieder Abkühlung: zum Anfangsgong und gestrichenen Crotales bestach danach ein eindringliches Hornsolo. Nach kurzer Rückschau auf das verwendete musikalische Material endete das Stück ganz plötzlich und humorvoll. Auch beim zweiten Hören nach der Pause behielt dieses kurzweilige neue Werk seine Spannung.