„Neuer“ Musik, Musik eines zeitgenössischen Komponisten mag der ein oder andere Konzertbesucher noch etwas skeptisch gegenüberstehen, doch in einer Gegenüberstellung seiner eigenen Kompositionen mit denen Mozarts gewann Fazıl Say an diesem Abend mit seinem facettenreichen Klavierspiel und der ungewöhnlichen Elemente seiner Werke auch Zweifler für sich.
Kaum hatte die Camerata Salzburg Fazıl Says Chamber Symphony, die erst im vergangen Jahr komponiert und in New York uraufgeführt worden war, beendet, raunten Wows durch den Alfried Krupp Saal. Zu dieser Reaktion trug das lebendige und plastische Spiel des Streichorchesters einen Großteil bei. Anfänglich noch etwas zurückhaltend, wurde der dritte Satz (Finale) mit vollem Körpereinsatz und großer Entschlossenheit gespielt. Die Komposition, die auf traditionell türkischen Melodien beruht, lässt im von 7/8-Takt geprägten ersten Teil an einen wilden Ritt oder gar eine Verfolgungsjagd erinnern, dessen Passagen von Verfolgung und Verstecken (der nostalgische Mittelteil mit Bezügen zur klassischen Palastmusik) vom Orchester artikulatorisch klar getrennt wurden. Diesem temperamentvollem Satz ging ein traumhafter, ruhiger Satz (Nocturne) voran. Obwohl sehr langsam, verstanden die Camerata Salzburg es, die Spannung in diesem Satz unaufhörlich aufrecht zu erhalten und einen harmonischen Gesamtklang zu erzeugen.
Auf Says Symphonie folgte Mozarts Zwölftes Klavierkonzert in A-Dur. Diese Komposition entstand als eine der ersten, nachdem Mozart nach Wien gezogen war, in die Stadt, die der Komponist selbst als „das Clavierland“ bezeichnete. Während das Orchester sowohl Says als auch Mozarts Symphonie ohne Dirigenten, aber unter der Leitung des Konzertmeisters Gregory Ahss spielte, war Fazıl Say für das Dirigat in den Klavierkonzerten zuständig. Zumindest in Mozarts Klavierkonzert dirigierte er jedoch in bekannter Gestik viel mehr sich selbst als das Orchester. Rein optisch bekam man den Eindruck, als spielten Orchester und Solist ganz für sich, doch der klangliche Eindruck zeigte das völlige Gegenteil. Aufmerksames Zuhören sowohl von Seiten Says als auch von Seiten des Orchesters ließen das ganze Konzert sehr stimmig wirken. Auf den strahlenden Mozartklang des Orchesters setzte Say mit kindlicher Freude das Thema im Klavier. Dabei artikulierte er sehr farbenreich; in Legatoläufen schlug er die Töne einzeln an, was sich aber ohne Weiteres ausgezeichnet in seine Interpretation einfügte. Im zweiten Satz war Fazıl Say völlig in sich gekehrt und ließ eine unerwartete Behutsamkeit in der Kadenz erklingen, um im dritten Satz mit spritzigem Staccato dem Publikum und sogar dem Orchester ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern.