Der französische Pianist David Fray zählt seit einiger Zeit zu den Stars der jüngeren Generation; seine Liebe gilt besonders den großen deutschen Komponisten wie Bach, Mozart, Haydn, Brahms und Schumann. Sein Konzert im Rahmen des Heidelberger Frühlings stand ganz im Sinne des diesjährigen Festival-Mottos Parallelgeschichten und bot einen spannenden Kontrast von Früh- und Spätwerk zweier seiner Favoriten.
Mit Franz Schuberts Klaviersonate G-Dur (D 894), komponiert im Herbst 1826, entführte Fray sein Publikum unvermittelt in eine Art Traumwelt. Der zeitlos in sich kreisende erste Satz mutet an wie eine Fantasie, und Frays weicher Klang führte den Hörer darin auf verschlungenen musikalischen Wegen immer wieder zum Anfangspunkt zurück. Tatsächlich erschien die Komposition zunächst unter dem Titel Fantasie, Andante, Menuetto und Allegretto im Druck, und man fühlt sich unwillkürlich an Alfred Brendels Charakterisierung der Schubertschen Sonaten erinnert, die auf diese Sonate ganz besonders zutrifft:
"Im Vergleich zu Beethoven, dem Architekten, komponierte Schubert wie ein Schlafwandler. … Schuberts Sonaten ereignen sich auf eine rätselhaftere Weise." Diese Rätselhaftigkeit und Verträumtheit der Komposition spiegelte sich im verhaltenen Spiel Frays, der in bekannt introvertierter, fast verschrobener Haltung am Flügel saß, tief über die Tasten ge- oder vielmehr ver-sunken. Es entstand eine solche Intimität zwischen Pianist und Instrument, dass der Zuhörer nurmehr sehnsüchtig zusehen konnte. Bald aber entwickelte sich daraus eine Atmosphäre von zarter Melancholie, wie sie so vielen von Schuberts Werken eigen ist, die dazu einlud, die Augen zu schließen und sich ganz der schlafwandlerisch-träumerischen Musik hinzugeben.
Mit ähnlicher Zurückhaltung wandte sich David Fray nach der Pause frühen Cembalo-Kompositionen Johann Sebastian Bachs, der Toccata c-Moll (BWV 911) und der Partita Nr. 2 c-Moll (BWV 826), zu. Nun lässt sich darüber streiten, ob Cembalo-Werke überhaupt angemessen auf einem Konzertflügel interpretiert werden können oder gar sollen, und besonders über den Gebrauch des rechten Pedals gehen die Meinungen weit auseinander. Man darf aber wohl davon ausgehen, dass Bach für ein Klavier bzw. einen Flügel komponiert hätte, hätte er dieses Instrument schon gekannt, und so kann man zumindest die erste Frage mit einem „ja, man kann“ beantworten. Was den Pedaleinsatz betrifft, so ist allerdings vieles sicherlich Geschmackssache.