Feinste Kammermusik auf allerhöchstem Niveau bot das Hagen Quartett am 19.2.2015 im Münchner Prinzregententheater. Das erwartungsvolle Publikum wurde allerdings zunächst mit einer kleinen Überraschung konfrontiert: Bereits im Eingangsbereich war auf einem Aushang zu lesen, dass aufgrund der akuten Erkrankung eines der Ensemblemitglieder das Programm geändert werden musste. Das ursprünglich angekündigte Dritte Streichquartett von Johannes Brahms und auch das G-Dur-Quartett KV 387 von Wolfgang Amadeus Mozart waren kurzerhand vom Programm genommen worden. Stattdessen gab es einen reinen Mozart-Abend, der mit dem sogenannten Jagdquartett in B-Dur KV 458 begann.
Vielleicht lag es an der Krankheitssituation, dass die vier Musiker dann auch zu Beginn ein wenig Mühe hatten, zur Ruhe zu finden und besonders der Primarius Lukas Hagen im Verlaufe des Jagdquartetts einige kleinere ungewohnte Konzentrationsschwächen zeigte, die jedoch kaum auffielen und noch weniger störten. Abgesehen von diesen winzigen Unsicherheiten musizierten die drei Geschwister mit ihrem zweiten Geiger Rainer Schmidt jedoch äußerst differenziert und feinfühlig. Besonders der dritte, langsame Satz (Adagio) mit seinen unbeschreiblich schönen elysischen Kantilenen gelang dem Hagen Quartett vortrefflich. Als Clemens Hagen gegen Ende des Satzes die zunächst von der ersten Geige vorgetragenen sanglichen Linien über ein sanft-geführtes Portato der restlichen Stimmen legte, konnte man eine Stecknadel fallen hören und die Zeit schien stehen zu bleiben. Und zwar gerade deshalb, weil sich der Cellist trotz seines Solos nicht in den Vordergrund spielte, sondern sich zurücknahm und die genial angelegte Partitur ihre Wirkung entfalten ließ.
Das Streichquartett in A-Dur KV 464 wird oftmals als Höhepunkt der Mozartschen Quartettkunst gefeiert und zeugt von seiner traumwandlerischen Beherrschung musikalischer Prinzipien. Der erste Satz, Allegro, ist geprägt von feinsinnigen Variationen der Grundmotivik, die sich durch sämtliche Stimmen ziehen. Diese polyphon kontrapunktische Struktur kommt einem Ensemble wie dem Hagen Quartett besonders entgegen, da so die großartigen individuellen Künstlerpersönlichkeiten in sensibel abgestimmte Dialoge mit ihren musikalischen Partnern treten können. Und wie sie miteinander kommunizierten! Es war eine wahre Freude, die subtilen Signale und kaum sichtbaren Energieimpulse wahrzunehmen, die diese seit drei Jahrzehnten zusammen musizierenden Interpreten sich gegenseitig zuspielten. Seit 2013 spielt das Hagen Quartett auf vier Instrumenten des berühmten italienischen Geigenbauers Antonio Stradivari, dem sogenannten „Paganini“-Quartett; davor waren die kostbaren Instrumente dem Tokyo Quartet durch die Nippon Music Foundation als Leihgabe zur Verfügung gestellt worden. Der Klang des Hagen Quartetts wurde dadurch noch homogener und klingt nun wahrlich wie ein einziger, herrlicher Klangkörper.