In Mozarts Geburtsstadt Salzburg wurde der eher seltener auf dem Spielplan stehende Idomeneo neu inszeniert. In München zur Eröffnung der Karnevalssaison 1781 uraufgeführt, verwendete der 25-jährige Komponist als Basis eine antike Sage, über die er neue Kompositionsformen stülpte. Die Lösung vom alten Nummernschema bietet Platz für durchkomponierte Szenen, welche die Handlung dynamischer ineinanderfließen lässt. Am Salzburger Landestheater versucht Arila Siegert in ihrer Inszenierung, die Aktualität des Stücks wiederzugeben: Neuankömmlinge, in dem Fall die Kriegsgefangenen, sollen sich in einem fremden Land integrieren, was die verschiedenen Ansichten und Herangehensweisen von Sohn und Vater herausstellt.
Abgesehen von den marmorartigen Treppen, Wänden, Bänken und einem Plafond mit elliptischem Loch (dem im Laufe der Inszenierung einige besondere Momente zukommen) ist die Bühne kahl; mittels Projektion werden noch die Wellen des Mittelmeeres auf die Bühne geworfen. Das Bühnenbild ist in sich stimmig und vermittelt eine distanzierte Atmosphäre. Man wird weniger in das Stück hineingezogen, als dass man sich als ein tatsächlicher Betrachter von Außen fühlt, der das Geschehen mitverfolgt. Spannend wird es, wenn sich die großen Bühnenelemente in Bewegung setzen: Im Seesturm wird die Besatzung auf ihren Bänken, die das Boot abstrahieren, auf der Drehbühne im Kreis gedreht, was zusammen mit dem hilflosen Paddeln ein beeindruckendes Bild des Kenterns vermittelt.
Insgesamt bildeten die Chorszenen jeweils einen Höhepunkt in dieser Inszenierung. Nie herrschte Stillstand und Regisseurin Arila Siegert versteht es, den Chor facettenreich zu einzubinden. Ob freudig feiernd oder bitterernst fordernd, der Chor wirkte in seiner Rolle immer natürlich und sein Schauspiel wirkte sich auch positiv auf den Gesang aus. Anders als in den bekannteren Da Ponte-Opern Mozarts ist der Chor in Idomeneo ständig präsent und wichtig für den Handlungsverlauf. Umso bedeutender ist dessen stimmliche und schauspielerische Präsenz, was der Chor des Salzburger Landestheaters hervorragend umgesetzt hat.
Die Kostüme sind modern gehaltenen und sollen möglicherweise den Bezug zu aktuellen Ereignissen im Hier und Heute herstellen, wollen aber nicht so wirklich in das Gesamtbild passen und wirken manchmal sogar etwas fremd im Bühnenbild. Außerordentlich dagegen hatte sich der Tenor Clay Hilley in seine Rolle als Idomeneo eingefunden. Als Ersatz für den erkrankten Christoph Strehl war er vier Tage zuvor aus den USA eingeflogen, um den Part zu übernehmen. Hilley gab einen besonnenen König mit Distanz zu seinem Sohn Idamante, der mit getragener Tenorstimme als herrschaftlicher König erstrahlte.
Daneben war Lavinia Bini die stärkste weibliche Stimme im Ensemble. Mit klarer, sehr ausdrucksstarker und farbenreicher Stimme zeigte sie eine trojanischen Prinzessin Ilia als starke Persönlichkeit, die sich nicht unterkriegen lässt und am Schluss den Mut aufbringt, sich zwischen Idamante und Idomeneos Schwert zu werfen. Eben bei diesem Opferritual wird das Plafond horizontal über Idomeneo, Idamante und Ilia gestülpt, die auf einem Sockel aus dem elliptischem Loch herauslugen. Elettra dagegen ist nur mit sich selbst beschäftigt und Meredith Hoffmann-Thomson zeigte in dramatischen Szenen Entschlossenheit und Wut in der szenischen Umsetzung wie auch gesanglich mit dunklem Timbre.