Ein durchschnittliches Paar sind Tristan und Isolde nicht, so viel ist bekannt. Dass sie aber solch spezielle Vorlieben teilen, dürfte wirklich neu sein: In der gemeinsamen Liebesnacht häuten sie zwischen entwurzelten Bäumen zuerst einen Hasen, um ihn anschließend über einem kleinen Feuer aufzuspießen und sich dann (und das nicht mal gegenseitig!) mit Erde einzureiben.
Was vermutlich ein Symbol für die Todessehnsucht der Liebenden sein sollte, wirkte in dieser Szene vielmehr unfreiwillig komisch denn entrückt romantisch. Bis auf diesen Ausreißer verzichtete Regisseurin Verena Stoiber jedoch auf allzu gewagte Elemente und erzählte in einem Einheitsbühnenbild, das je nach Handlungsort ein bisschen Schiff, Burg, Wald oder Loft sein durfte, Richard Wagners Geschichte von Liebe und der Sehnsucht nach Ewigkeit. Optisch funktionierte das hervorragend und sorgte für starke Bilder, die Logik der Handlung litt hin und wieder darunter, dass sich alles in einem Raum abspielen musste. Als der Geschichte jedoch mehr greifbare Tiefe verleihend stellte sich, zumindest für mein Empfinden, der Ansatz der Regie heraus, dass Tristan und Isolde gar nicht erst eines Liebestrankes bedürfen, um sich zu verlieben beziehungsweise sich ihrer Liebe gegen die Vernunft bewusst zu werden.
Eindringlich gestalteten Zoltán Nyári und Gun-Brit Barkmin von Beginn an diese innere Zerrissenheit der beiden Liebenden und bewältigten die stimmlichen Kraftakte zum Großteil beeindruckend. Obwohl im ersten Aufzug von deutlicher Premierennervosität gezeichnet, steigerte sich Nyáris Portrait des Helden kontinuierlich, bis er schließlich seinem metallisch stählernen Heldentenor gänzlich freien Lauf lassen konnte. Sämtlichen Orchester- und Gefühlswogen trotzend umschiffte er Höhen wie Tiefen bombensicher, wobei mir in seinem Timbre neben allen heldischen Qualitäten eine Spur zu wenig Wärme mitschwang. Je wahnsinniger Tristan wurde, desto mehr schien sich auch Zoltán Nyári in seinem Element zu bewegen; durchschlagskräftig und ätherisch gleichzeitig malte er den Siechenden und wusste dabei ebenso zu berühren wie zu fesseln. Dass dabei ein paar Töne nicht ganz lupenrein gerieten und der Macht des Moments zum Opfer fielen – angesichts der Leistung den ganzen Abend über ein wirklich zu vernachlässigender Umstand.
Ebenfalls zunächst noch vorsichtig begann Gun-Brit Barkmin ihr Rollendebüt als Isolde. Die deutsche Sopranistin verfügt über eine in allen Lagen strömende Stimme, die sie in keiner Sekunde forcieren musste, die nie Gefahr lief, in exponierten Höhen stechend oder in der Tiefe dünn zu werden und mit der sie die Partie mit herrlichen Phrasierungen gestaltete. Obwohl man ihr schon im ersten und zweiten Aufzug stimmlich wirklich nichts vorwerfen konnte, schien sie erst im dritten Aufzug dann wirklich aufzublühen und zu aller vokaler Schönheit noch das Quäntchen Gefühl beizumischen, das zuvor gefehlt hatte. Als wolle sie für den finalen Höhepunkt alle Emotionen bündeln geriet der Liebestod dann wirklich berückend zu einem verklanglichten Stück Ewigkeit.