Das 1858 gegründete Hallé-Orchester in Manchester ist das älteste Orchester in Großbritannien. In der letzten Saison ist es in sein heutiges Domizil – das Oglesby Center in Hallé St. Peter's – umgezogen, wofür eine ehemaligen Kirche aufwendig umgebaut wurde. Das so entstandene Gebäude mit mehreren Probensälen und modernster Aufnahmetechnik hat seitdem mehrere Architektur-Preise bekommen.
Hallés dritter Livestream in dieser Saison (Episode 3: The Event Horizon) bietet einen abwechslungsreichen Mix von Musik, Künstler-Interviews, einem informativen Video über das neue Gebäude und zwei Gedichten vorgetragen vom Dichter selbst, Simon Armitage. Der junge Dirigent Jonathan Bloxham, eingesprungen für den verhinderten Jonathon Heyward, war nicht nur ein überzeugender Ersatz, sondern erwies sich auch als sehr sympathischer Sprecher und Interviewer.
Das Konzert begann mit Armitage, der sein Gedicht The event horizon vortrug. Er tat dies neben einer Stahltafel mit eben jenem Gedicht, welche einen zentralen Platz im neuen Hallé-Gebäude einnimmt. Darauf folgte Aaron Coplands Quiet City, mit den Orchestermusikern Thomas Davey (Englischhorn) und Gareth Small (Trompete) als herausragenden Solisten. Die ausgezeichnete Kameraregie machte diese ebenso abwechslungsreiche wie intensive Komposition auch visuell zu einem Erlebnis.
Mit Where is the chariot of fire? von Hannah Kendall gab es auch eine Uraufführung. Inspiriert wurde Kendall dazu von Lemn Sissays Gedicht Godsell. Obwohl schon im Jahre 2008 geschrieben, ist es auffallend aktuell: „This is a bad trip, something about armageddon and pigs possessed by devils flinging themselves from cliffs.” Sissay ist Autor und Präsentator und seit 2015 auch Rektor der Universität von Manchester. In die Partitur hat die Engländerin Kendall mehrere kleine Spieluhren eingebaut. Das kurze Stück ist Kendalls persönliche Reflektion auf das vorige Jahr und atmet neben aller Konfusion auch Hoffnung auf eine wie auch immer geartete Rückkehr zu Normalität.