Das macht ihm so schnell keiner nach: im Herbst 2020 wurde Klaus Mäkelä, gerade mal 24 Jahre alt und aus einer Musikerfamilie in Finnland stammend, zum Chefdirigenten und künstlerischen Berater der Osloer Philharmoniker ernannt, in Nachfolge so berühmter Pultgrößen wie Mariss Jansons und André Previn bei diesem traditionsreichen Klangkörper. 2022 soll er das Orchestre de Paris als Musikdirektor übernehmen, mit dem er nun im Grande Salle Pierre Boulez der Philharmonie Paris ein überzeugendes, im Stream live übertragenes Konzert gab.
Maurice Ravels Pavane pour une infante défunte erlebte 1911 in Paris ihre Uraufführung. Zuvor als Klavierstück für die jungen und älteren adligen Besucher des Kunstsalon einer Nähmaschinen-Erbin geschrieben, gelang Ravel in der Instrumentierung noch eine Vertiefung der nostalgischen Stimmungen der spanischen Märchenwelt. So wurde es für das Orchester eine beziehungsreiche Visitenkarte für die spätromantische Welt der Jahrhundertwende, in schwebend sinnlichem Klang die für Ravel typische zurückhaltende Eleganz wundervoll poetisch einzufangen. Mäkelä nahm sich da ganz heraus, ließ das Orchester einfach singen, die Stimmung gerade in den Duos aus Holzbläsern und Harfe auskosten.
Die künstlerische Vita des Pianisten Kirill Gerstein ist von seiner musikalischen Neugier auf zeitgenössische Klaviermusik geprägt; so war er 2019 der Wunschpartner für Thomas Adès bei der Uraufführung von dessen Klavierkonzert in Boston und Leipzig. Auch bei Béla Bartóks Klavierkonzert Nr. 3 ist er ein versierter Gestalter, der das geheimnisvoll flirrende Kolorit im durchaus bluesig anmutenden Einstieg des Klaviers über raunendem Streichergrund ebenso herausklingen ließ wie die Motorik in den elementaren Energieschüben des Kopfsatzes, die dem tänzerischen Erbe des ungarischen Lands nahe standen. Virtuos deutete er die Möglichkeiten rasanter Umspielung und akkordischer Umdeutung der Themen, übernahm die elegische Holzbläser-Melodie in kräftigem Zugriff, fand immer wieder zu transparenter Leichtigkeit zwischen Scherzando- und Grazioso-Passagen.
In ruhigem Zeitmaß leitete Mäkelä das Streichervorspiel zum choralartigen Thema des Klaviers im Adagio religioso, übernahm Gerstein duftig und nachdenklich die Melodie und ihre Umkehrungen; aus der Zerlegung des Materials in prägnante Drei-Noten-Motive erwuchs immer mehr eine impressionistisch flimmernde, von hellen Flöten und Xylophon angeraute Klangwelt, die in farbenreichen Momenten an Messiaens Vogelwelt denken ließ. In diese Kontemplation setzten die Holzbläser wieder mit dem Choral ein, mit zweistimmigen Inventionen von Gerstein ruhig begleitet: Schönheit, die in alle Winkel des Werks strahlte. Stürmisch empor geschleuderte Klavierpassagen prägten das Schlussrondo: erdnahe Kraftfülle gab wieder den Ton an, die Gerstein mit stupender Fingerfertigkeit prall auflud. Die Synthese von großer sinfonischer Form und folkloristischem Stoff gelang mitreißend, mit ruhigem Fugato, tanzfrohem Intermezzo und prasselnden Klavieroktaven stürmten Orchester und Solist zum Finale von Bartóks Schwanengesang.