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Lisztomanie und mehr beim Budapester Frühlingsfestival

Von , 13 Januar 2016

Denkt man an ungarische Komponisten, so ist der Name, der einem zuerst in den Kopf kommt, Franz Liszt – oder Liszt Ferenc, wie man in in Ungarn nennen würde – und es ist also nur richtig, dass er 130 Jahre nach seinem Tod einen prominenten Platz im Programm des Budapester Frühlingsfestivals einnimmt.

Liszt war einer der ersten „Superstars“ der klassischen Musik, verursachte ohnmächtig darnieder sinkende Damen in seiner etwas dämonischen Präsenz, als er mit wehendem Haar die Klaviatur in immer größeren Wirbeln der Virtuosität bearbeitete. Die „Lisztomanie“ war ein merkwürdiges Phänomen – Damen versuchten, Fetzen seiner Kleidung abzureißen oder zankten sich um seine Zigarrenenden, um sie in ihr Dekolletee zu stecken. Liszt kultivierte dieses Rockstar-Image. Er machte die Recitals beliebt, indem er ohne Partitur spielte (etwas, für das Chopin seine Schüler schelten sollte), und etablierte die Praxis, dass der Pianist die Bühne aus den Seitenflügeln betrat, um an seinem Klavier Platz zu nehmen – ein Ritual, das sich bis heute gehalten hat. Er ließ das Klavier sogar seitwärts auf der Bühne positionieren, damit das Publikum ihn im Profil bewundern konnte, während er spielte! In Paris ließ er sich sogar auf Klavier-Duelle gegen Sigismond Thalberg ein, in denen ihre Virtuosität die Gestalt eines Sportes annahm.

Die meisten von Liszts Kompositionen entstanden natürlich für Klavier solo, doch das Budapester Frühlingsfestival nimmt auch einige seiner Orchesterwerke ins Programm, einschließlich der beiden Klavierkonzerte, die Gábor Farkas Gelegenheit geben, sein pianistisches Können unter Beweis zu stellen. Das Erste Klavierkonzert wurde aufgrund der prominenten Rolle, die das Instrument im verspielten dritten Satz spielt, von Kritiker Eduard Hanslick verächtlich als „Triangel-Konzert“ bezeichnet. Das Zweite besteht aus einem einzigen Satz, der sich in sechs Abschnitte teilt. József Balog nimmt es mit der Fantasie über ungarische Volksweisen auf, ein Arrangement für Klavier und Orchester der Ungarischen Rhapsodie Nr. 14 in f-Moll. Die Ungarische Rhapsodie Nr. 2 in cis-Moll (die berühmteste der Rhapsodien) steht am Anfang des Eröffnungskonzertes des Festivals, gespielt von dem viel gelobten Budapest Festival Orchestra.

Ebenfalls auf dem Programm steht Christus, Liszts einziges Oratorium, das dem Leben Jesu von seiner Geburt bis zur Auferstehung folgt. Es wird nur selten gespielt, und man sollte die Gelegenheit, es von der Staatskapelle Weimar unter dem Liszt-Experten Martin Haselböck zu hören, nicht verpassen. Liszt selbst ließ sich 1842 in Weimar nieder und blieb dort bis zum Jahre 1861. Haselböck und sein Orchester haben Liszt auf historischen Instrumenten gespielt und aufgenommen.

Leider findet sich auf dem Programm des Festivals keine Musik von Wagner – der Liszts Tochter Cosima geheiratet hat. Doch Opern werden durch Mozarts Idomeneo, rè di Creta vertreten, gegeben im superben Konzertsaal des Müpa mit dem mexikanischen Tenor Ramón Vargas in der Titelrolle. Zur Besetzung zählen auch Serena Farnocchia als Elettra und die großartige ungarische Sopranistin Emőke Baráth als Ilia. Baráth kann man des weiteren in einer viel früheren Oper hören. Die erste Aufführung von Antonio Cestis Orontea fand 1656 statt und wurde kürzlich in London wiederaufgenommen. Ein lebhaftes Libretto mischt Komödie und Tragödie; Balázs Máté dirigiert im Sir Georg Solti Kammersaal der Liszt Akademie in zwei Vorstellungen.

Jazz spielt ebenfalls eine große Rolle im diesjährigen Festival. Improvisationen über Liszts Musik bilden die Basis von Kálmán Oláhs Jazz-Konzert am 10. April, während der Budapest Jazz Club Schauplatz für vier Konzerte ist, einschließlich dem des Viktor Tóth Trios und des Joey DeFrancesco Trios.

Der legendäre Pianist, jetzt Dirigent Zoltán Kocsis steht am Pult für ein Müpa-Konzert das mit Rachmaninows einaktiger Oper Aleko endet. Bassbariton Dmitry Ulyanov übernimmt die Titelrolle, ein Favorit von Feodor Chaliapin.

Wenn Barock oder Zeitgenössisches mehr Ihr Ding sind, hat das Schwedische Kammerorchester genau das Richtige für Sie: ein Konzert mit dem Titel Das Brandenburg Projekt. Sechs zeitgenössische Komponisten wurden beauftragt, musikalische Kommentare zu jedem von Bachs berühmten Brandenburgischen Konzerten zu komponieren. In diesem Konzert hören Sie die Antworten von Uri Caine und Steven Mackey neben den Bach'schen Werken, die sie inspiriert haben.

Zu den internationalen Besuchern in Budapest zählt auch das Salzburger Mozarteumorchester und sein Dirigent Ivor Bolton (in einem Programm mit – natürlich – Mozart) und die Filarmonica della Scala, aus dem Orchestergraben entlassen, um unter Myung-Whun Chungs Leitung Mahlers Fünfte Symphonie zu geben.

Klicken Sie hier, um zu allen Festivalveranstaltungen zu gelangen. Von Bach bis Mahler, Cesti bis Jazz-Impro bietet das Budapester Frühlingsfestival eine breite Konzertpalette. Aber vergessen Sie Liszt nicht!


Dieser Artikel entstand im Auftrag von MEC Hungary. Aus dem Englischen übertragen von Hedy Muehleck.