Bedřich Smetanas Má vlast (Mein Heimatland) nimmt einen ganz besonderen Platz im Herzen der tschechischen Bevölkerung ein. Der patriotische Zyklus von symphonischen Dichtungen zeigt Vyšehrad (das Prager Schloss), die Moldau und die böhmische Landschaft, zusammen mit bewegenden Episoden tschechischer Sagen.
In jedem Jahr wird das Internationale Musikfestival Prager Frühling im Smetana Saal mit einem Konzert von Má vlast eröffnet, und am 12. Mai 2016 (Smetanas Todestag) beginnt das 71. Festival auf genau dieselbe Weise, doch diesmal wird das Werk von dem Orchester gegeben, das man am meisten damit assoziiert – die Tschechische Philharmonie.
Das Festival war Inspiration des großen Rafael Kubelík – Chefdirigent der Tschechischen Philharmonie – und fand 1946, dem Jahr, in dem Leonard Bernstein sein Überseedebüt mit der Tschechischen Philharmonie machte, zum ersten Mal statt, als das Orchester sein fünfzigjähriges Bestehen feierte. Siebzig Jahre später geht die Ehre des Dirigats an Paavo Järvi, der auf Bachtrack beständig positive Kritiken sammelt und für seine Beziehung mit dem Orchestre de Paris gelobt, wo „zwinkernder Augenkontakt und strahlendes Lächeln den Genuss des gemeinsamen Musizierens illustrieren“. Das Eröffnungskonzert sollte eines der begehrtesten des Festivals sein, darum ist es gut zu wissen, dass Má vlast gleich am nächsten Abend wiederholt wird.
Hier sehen Sie Kubelík, als er nach dem Fall des Eisernen Vorhangs nach Prag zurückgekehrt war, am Pult für Die Moldau während des Festivals 1990.
Obwohl es 2016 wenig Dvořák zu hören gibt, wird viel von einem weniger bekannter Landsmann, Bohuslav Martinů, geboten. Seine kecke Sinfonietta „La Jolla“, ein Orchesterwerk mit Klaviersolisten, steht auf dem Programm für das Festivaldebüt von Jiri Rosen, Dirigent der PKF Prague Philharmonia. In diesem Konzert hört man außerdem Miroslav Kabeláčs Fünfte Symphonie. Kabeláčs Werke, das nach der sovietischen Invasion 1968 verstummte, wird selten gespielt, es gibt hier also einige tschechische Raritäten zu erkunden.
Martinůs surrealistische Oper Julietta, die den Untertitel Der Schlüssel der Träume trägt, hat mit prominenten Produktionen in London, Zürich und Frankfurt einen Aufstieg erlebt. Die bizarre Handlung beinhaltet einen reisenden Buchhändler auf der Suche nach einer Frau, deren Stimme er einmal gehört hat, der sich in einer Küstenstadt wiederfindet, in der keiner der Einheimischen sich an seine Vergangenheit erinnern kann. Das Nationaltheater Prag, das 1938 die Premiere der Oper inszenierte, präsentiert eine Produktion von Zuzana Gilhuus.
Ein weiteres Konzert der Tschechischen Philharmoniet feiert die Musik ihrer ungarischen Nachmarn. Juraj Valčuha dirigiert Bartóks farbenprächtiges Konzert für Orchester und Kodálys Háry János-Suite, die mit einem enormen orchestralen Niesen beginnt (ein Zeichen – für Ungarn – dass die folgende Geschichte „absolut wahr“ ist!).
Der Prager Frühling ist jedoch nicht nur ein Fest alles Tschechischen. Viele internationale Ensembles und Solisten besuchen Prag, und zu den Starauftritten zählen 2016 der der Staatskapelle Berlin und Daniel Barenboim mit Bruckners mächtiger Fünfter Symphonie.