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Riccardo Muti und die Wiener Philharmoniker: strahlender Dvořák im goldenen Musikverein

Von , 19 Februar 2025

Es ist ein herrlicher Anblick, den acht Kontrabässen der Wiener Philharmoniker zuzusehen, die sich hinter der Bühne des Musikvereins aufreihen. Unter der Leitung von Ödön Rácz – der oft so wirkt, als würde er sein Instrument eher stürmisch hin- und herschaukeln, als dass er den Bogen bewegt! – bieten sie ein solides Fundament, wobei ihre Position hinter den Holz- und Blechbläsern das Orchester buchstäblich in Streicherklang einhüllt. In ihrer Interpretation von Dvořáks Neue-Welt- Symphonie unter den wachsamen Augen von Riccardo Muti war dieser geschliffene Streicherklang besonders wunderbar.

Riccardo Muti dirigiert die Wiener Philharmoniker
© Julia Wesely

Muti debütierte 1971 mit der Wiener Philharmonie und hat sie über 500 Mal dirigiert. Ihre Beziehung fühlt sich an wie ein bequemes Paar alter Pantoffeln – sie wissen, wie diese Musik zu spielen ist, er weiß, dass sie wissen, wie die Musik zu spielen ist, und er vertraut ihnen, dass sie sie ohne viel Aufhebens oder Eingriffe spielen.

Und meine Güte, sie wissen, wie man Dvořák 9 spielt! Es war eine ausladende Interpretation (48 Minuten, einschließlich der Wiederholung der Exposition des ersten Satzes), aber voll von Ereignissen und beeindruckenden Details. Die mächtigen Blechbläser erdrückten den Rest des Orchesters nie, selbst in den dynamischen Schwellungen, die die Coda des ersten Satzes zu einem aufregenden Ende brachten. Das Scherzo war mitreißend – der Schlussakkord erntete ein zustimmendes Nicken von Muti –, und die Beiträge der Blechbläser zum Finale, die vom Kontrabass-Team vor einem herrlichen Klarinettensolo von Matthias Schorn heftig eingeleitet wurden, waren mitreißend.

Doch es war das Largo, das den Höhepunkt des Abends bildete. Wolfgang Planks cremiges Englischhorn-Thema wurde in vollen Zügen ausgekostet, wobei Muti die begleitenden Streicherdetails wie einen sanften Schimmer hervorhob. Die letzten Momente des Satzes, in denen Dvořák die Instrumentierung auf zehn Streicher und dann auf ein Streichquartett reduziert, waren eine leuchtende, glühende Glut, die den goldenen Glanz des Großen Saals widerzuspiegeln schien.

Riccardo Muti dirigiert die Wiener Philharmoniker
© Julia Wesely

Während Dvořáks Neunte perfekt in den Musikverein passte, war Mozarts Jupiter davor unzeitgemäß aufgepolstert. Die historische Aufführungspraxis hat die Wiener Philharmoniker weitgehend unberührt gelassen – die harten Paukenstöcke machten wenig Eindruck – und ihre Interpretation von KV 551 war wie aus Granit gemeißelt. Oder vielleicht aus Marmor, denn der Glanz der Saiten – 26 Geigen – war unbestreitbar wunderschön.

Die Tempi waren gemächlich, aber das Spiel war gut ausbalanciert und rhythmisch aufmerksam, abgesehen vom Menuetto, das Muti zwar im Einer-Takt schlug, sich aber eher wie ein Walzer anfühlte, vielleicht ein Kater vom Neujahrskonzert letzten Monat. Im verzwickten Finale erlaubten Mutis gemäßigte Tempi eher Klarheit als den Adrenalinrausch, der durch die Beschleunigung der Instrumente entsteht, und jeder Strang der Fuge war hörbar und steigerte sich zu einem jubelnden Höhepunkt. Es war ein Bilderbuch-Mozart für einen Saal wie aus dem Bilderbuch, aber warum sollte man sich nicht ab und zu diesem Vergnügen hingeben?


Ins Deutsche übertragen von Elisabeth Schwarz.

****1
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“eine leuchtende, glühende Glut, die den goldenen Glanz des Großen Saals widerzuspiegeln schien”
Rezensierte Veranstaltung: Musikverein: Großer Saal, Wien, am 18 Februar 2025
Mozart, Symphonie Nr. 41 in C-Dur, "Jupiter", KV551
Dvořák, Symphonie Nr. 9 in e-Moll, "Aus der neuen Welt", Op.95
Wiener Philharmoniker
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