Sie werden die Produktion der Soldaten der Bayrischen Staatsoper nicht genießen. Die Musik ist hässlich, die Inszenierung brutal und voller Gewalt, und sie endet mit durchdringenden Schreien – niemandes Vorstellung von einem entspannten Abend. Wenn Sie natürlich einen solchen erwartet haben, würden Sie den Saal nach der Ouvertüre verlassen, in der Gruppen von Soldaten gefesselte, nackte Opfer so lange schneiden, bis sie blutüberströmt sind.
Wenn Sie, wie ich, Die Soldaten noch nicht gesehen haben, wundern Sie sich wahrscheinlich, welche Art von Werk wohl ein solch brutales erstes Szenenbild verlangt. In Zimmermanns Oper aus dem Jahre 1965, die auf einem Schauspiel von Lenz aus dem Jahre 1776 basiert, wird Marie, ein bürgerliches Mädchen, vom Tuchhändler Stolzius geliebt, und liebt ihn auch wieder. Doch als Desportes, ein Militärkapitän und Baron, sie zu umwerben beginnt, überredet ihr Vater sie, ihn in seinem Tun zu ermutigen. Desportes aber wird ihrer müde und reicht sie an seine Militärkumpanen weiter; sie wird zur „Soldatenhure“. Stolzius, der von Maries Betrug erfahren hat, schließt sich dem Regiment an, um herauszufinden, was ihr geschehen ist. Entsetzt von ihrem Schicksal vergiftet er Desportes und sich selbst; Marie endet auf der Straße, dermaßen verändert, dass ihr eigener Vater, den sie um Almosen bittet, sie nicht erkennt. Die Oper endet mit einer wahnsinnigen Bühnenorgie von Sex und Gewalt, begleitet von dem immer lauter werdenden Stampfen von Soldatenstiefeln, die urplötzlich von einem markerschütternden Schrei abgelöst werden.
Ursprünglich wollte Zimmermann seine Oper auf zwölf Bühnen präsentieren, die das Publikum umringen. Die Kölner Oper, die das Werk in Auftrag gegeben hatte, lehnte das als zu schwierig umzusetzen ab, doch die abschließende Fassung ist nicht gerade leicht zu inszenieren. Die musikalischen Anforderungen allein reichen schon aus, um einen Operndirektor bei klarem Verstand ordentlich Angst einzujagen: siebzehn unheimlich schwere Solo-Gesangsrollen (plus acht stille und vier Tanzrollen) und ein Orchester, das so groß ist, dass es den Rahmen des Orchestergrabens der Staatsoper sprengte und die Musiker sich bis in die Publikumslogen, hinter und auf der Bühne verteilten – und es zwei Assistenzdirigenten bedurfte! Und dann ist da noch die Inszenierung. Harald Thors Bühnenbild beinhaltet ein riesiges Kreuz von neun beweglichen Draht-und Zement-Zellen. Von diesen aus können Charaktere die Handlungen der anderen beobachten und auf sie reagieren. Wir sehen außerdem verschiedene Szenen, die gleichzeitig in unterschiedlichen Zellen gespielt werden.
Es ist unmöglich, die Sänger in dieser Produktion angemessen zu loben. Sowohl den Solisten als auch dem Chor schrieb Zimmermann Musik, die unsingbar scheint, mit schiefen Linien, die unvorhersehbare Intervalle mit Sprechgesang mischen. Alle meistern diese Musik auf beeindruckende Weise. Jeder einzelne Sänger ist trotz des großen Orchesters deutlich hörbar und beweist unfehlbare intonatorische Präzision. Okka von der Damerau sticht als Maries Schwester Charlotte mit ihrem warmen, kraftvollen Klang hervor, und Nicola Beller Carbones Gräfin de la Roche ist eine besondere Freude zum Zuhören, aufgrund ihrer vollen Stimme wie ihrer gebieterischen Charakterisierung. Als Stolzius zeigt Michael Nagy einen weichen, flexiblen Bariton, der mit den ruckartigen Bewegungen seiner Figur kontrastiert.