Zweifelsohne ist in einem Symphoniekonzert Beethovens Siebente eher selten am Beginn der Programmfolge zu erleben. Dass Joana Mallwitz, seit Oktober Generalmusikdirektorin der Staatsphilharmonie Nürnberg, genau dies im Philharmonischen Konzert einrichtete, war nicht die Folge einer weitläufigen musikalischen Europareise durch Wien, Paris und Lucca, sondern zeigte programmatisch, dass sie den Komponisten des kürzesten Werks des Abends wie eine pulsierende Ader mit hohen Adrenalingehalt in der Verbindung der Kompositionen ansah: Niccolò Paganini hatte um 1830 Hector Berlioz, dessen musikalische Götter Gluck und Beethoven hießen, den Auftrag gegeben, für ihn und seine frisch erworbene Viola ein Bratschenkonzert zu schreiben, ließ ihm eine beträchtliche Geldsumme zukommen und hatte ihn mit Äußerungen geschmeichelt wie „Nachdem Beethoven tot ist, kann er nurmehr in Berlioz auferstehen!“. Da war es als folgerichtig, mit der dionysisch-romantischen Siebten Symphonie den Auftakt zu setzen.
Im weit ausgesponnenen Sostenuto gab es keine Zeit zum vorsichtigen Einspielen: bereits in den einleitenden Tuttischlägen des Orchesters forderte Joana Mallwitz die ganze Kraft der Musiker. Auswendig dirigierend und in weiten Schwüngen von Armen und Körper markant modellierend ließ sie die Aufwärtsmotive der Streicher in ausdrucksstarkem Zugriff ausspielen, forderte von den Soloeinwürfen von Oboe und Flöte rhythmische Finesse. Das übermütig hüpfende Hauptthema des Vivace ließ sie beschwingt beginnen, behielt Beethovens Metronom-Angaben im Auge, so dass Spielzeiten eines Kleiber oder Harnoncourt entstanden. Gleichsam lauschendes Innehalten wurde zum Moment träumerischer Besinnung, Stimmungswechsel harmonischer Schattierungen und heftig aufbrandende dynamische Kontraste zeigten raffiniert den Romantiker in Beethoven. In überraschendem Attacca schloss sie den marschartigen zweiten Satz an, nahm Beethovens Allegretto-Bezeichnung wiederum völlig beim Wort. Folgerichtig verlor der Satz seine oft herausgekehrte Trauerstimmung, konnte die pulsierende Figur der ostinaten Melodie eher die Trance eines melancholischen Tanzes entfalten.
So folgte im Presto kein Stimmungsumschwung, konnte das fast kokette Trippeln des Hauptthemas im Dreiklang Lächeln stiften, die witzigen Einwürfe der eingreifenden Paukenschläge überraschen, sich rhythmischer Übermut bis zur Derbheit aufbauen. Wie in frommer Feierlichkeit folgte das Trio der Holzbläser, das Beethoven, geradezu augenzwinkernd, entgegen üblicher Scherzo-Tradition nach schnellem Presto-Wirbel noch ein zweites Mal aufruft. Über programmatische Quellen des ekstatischen Taumels im finalen Allegro con brio ist oft spekuliert worden, bis zum Zitat des Festgelages in Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre. Oder ist es der entfesselte Eigensinn eines trunkenen Beethovens? Nach den Signalen zweier Orchesterschläge ließ Mallwitz das rauschende Figurenwerk des Kopfthemas herausspringen, tänzerische Ausgelassenheit immer weiter ins taumelnde Ungestüm rhythmischer Akzentuierung münden. Nur kurze Stellen des Verschnaufens dazwischen, bis in permanent steigernden Bewegungsimpulsen in der Coda ein jubelndes Ende entfacht wurde.