Seit ihrer Gründung 2003 haben sich Les Siècles und ihr Chef François-Xavier Roth konsequent der französischen Musik gewidmet; als Symphonieorchester natürlich vor allem dem (spät-)romantischen Œuvre, was 2018/19 mit den Gedenktagen von Debussy und Berlioz die feierliche Gelegenheit bietet, ihrer Leidenschaft besonders intensiv nachzugehen. Ganz im Zeichen einer Debussy100-Hommage stand dabei das Konzert beim Rheingau Musikfestival, das die amitié musicale dreier Komponisten, ihre klanglichen und thematischen sowie sentimentalen Bande in den Blick nahm.
„Debussy ist einer der an Gaben reichsten und originellsten Künstler der jüngeren Musikgeneration, die in der Musik nicht ein Mittel, sondern das Ziel sehen und die sie nicht so sehr als Ausdruckshebel denn als Ausdruck selber betrachten.“ Das sagte Paul Dukas über seinen geschätzten Claude, der – bestimmt auch mal zur selten freudigen Genugtuung des Musikkritikers – zurückgab: „Monsieur P. Dukas weiß, was die Musik bedeutet; sie ist nicht bloß etwas Glanzvolles und Wohlklingendes… Sie ist für ihn vielmehr ein unerschöpflicher Schatz von Formen und möglicher Erinnerungen!“ Und von ihrem gemeinsamen Freund Maurice Ravel heißt es in Bezug auf das G-Dur-Klavierkonzert, das auf dem Programm stand: „Ich bin fast daran verzweifelt!“
Zeitlebens war Dukas von Selbstzweifeln zerfressen. Am bekanntesten gilt zweifellos sein L'apprenti sorcier, den Les Siècles mit seiner uniken Mischung aus ernster Sachlichkeit, lebendig durchdrungenem Gespür und lässigem Geschick mit Tiefenwirkung stimmungsvoll und farbig in Szene setzte. Dabei erzeugten sie – spürbar persönlich und plastisch meisterlich – eine geheimnisvolle, verbotene Grundierung: erst mit zartesten Streichern und Harfe, ehe der Besen in Gestalt der dunklen Fagotte dann nach dem Zauberspruch der stechenden Trompete und einem harten Hex-Hex der Pauke so aufmuckte, dass Dirigent und Instrumentalisten außer Rand und Band tanzten und knackig durch den Saal wedelten. Dies mit jedem Schwall Wasser mehr, an den die Streicher (natürlich in antiphoner Aufstellung besonders effektiv!) prägnant erinnerten. Die Pauke sollte den Besen mit berstender Wucht in zwei Teile zerlegen, die nun zum Höhepunkt des Dramas dynamisch und agogisch hörbar ihrer Raserei nachgingen, bis der Spuk weise zelebrierend, schließlich zur Rückkehr aller Ordnung mit zwei packenden, straffen, durchs Mark gehenden Schlussakkorden beendet wurde.
Selbstverständlich darf in so einem Programm das Klavier, Instrument der Herren Pianisten, nicht fehlen, an das sich die anlaufende Alice Sara Ott barfuß begab, um das besagte Klavierkonzert Ravels unter dem Eindruck der vorherigen Tonatmosphäre nahtlos in einen verrückten – hier fast clownesken – Spaß- und Rauschzustand zu bringen. Dieser äußerte sich im schnellen Kopfsatz in beiden jeweils stetig blitzschnellen Kontrasten aus militärischer Instrumentierung und Rhythmik, hart und bestimmend, mit ersten Jazzelementen und der Exotik der französischen Musik, wieder spannend und geheim, die Ott wiegend leicht und genauso mit zauberhafter Intention einbrachte wie sie (nach der Nachzeichnung von Harfe und hohem Horn) den Angriff in ihrer solistischen Wuselei mit Klarheit und Spielfreude verströmte und einwirkte.