Als Teil der Feierlichkeiten zum 500-jährigen Jubiläum der Reformation, die sich in Zürich bis ins Jahr 2019 erstrecken, führte Fabio Luisi mit der Philharmonia Zürich, dem Chor des Opernhauses und einem Team ausgezeichneter Solisten am letzten Tag der Saison im ausverkauften Haus Mendelssohns Oratorium Elias auf.
Man hört gelegentlich die Behauptung, Bachs Oratorien seien versteckte Opern, Bachs „Notlösung”, dramatisches Geschehen musikalisch umzusetzen, obwohl ihm dies aufgrund seiner Lebensumstände, seines Anstellungsverhältnisses, vielleicht auch religiöser Überzeugung in einem pietistischen Umfeld, verwehrt blieb. Mendelssohn hat Bachs Oratorien im 19. Jahrhundert wiederbelebt. Wie dieser hat er die Idee, eine Oper zu komponieren, nie realisiert. Hingegen ließ er sich von Bachs Musik anregen und griff im Elias dabei (vermutlich aufgrund seiner jüdischen Erziehung) auf alttestamentliche Stoffe zurück. Der einzige weltliche Aspekt der Aufführung war die sorgfältige Choreographie im Auftritt der vereinten Chöre des Opernhauses in der Tiefe des Bühnenraums, nachdem das Orchester Platz genommen und gestimmt hatte.
Dass danach der Intendant auftrat, verhieß nichts Gutes: Christof Fischesser musste wegen einer Halsentzündung Antibiotika nehmen, ließ aber ausrichten, alles „würde gut”. Er war während der ganzen Vorstellung sichtlich bemüht, seine Stimme zu schonen, seine Reserven sorgfältig einzuteilen. Er atmete vor Einsätzen bewusst mehrmals tief durch, sodass man ihm seine Besorgnis nachfühlen konnte. Sicher hat er nicht sein gewohntes Leistungsniveau erreicht, schaffte es aber als routinierter Sänger der Spitzenklasse dennoch, den Part des Elias ausdrucksstark und durchaus berührend und mit eindrücklicher Präsenz zu gestalten. Er gewann während der ersten, kürzeren Soli die Sicherheit und das Gefühl dafür, wie weit er seine Stimme belasten konnte. Vollends in den Hintergrund trat seine stimmliche Beeinträchtigung im Solistenquartett, dessen Ensembleklang in Sachen Harmonie, Balance und sorgfältiger Dynamik seinesgleichen suchte. Dies, obwohl die anderen Solostimmen jeweils ganz eigene Charakteristika aufwiesen: hervorragend der Glanz in Benjamin Bruns' lyrischer Tenorstimme (Obadjah, Ahab), tragfähig auch im Piano und ausgezeichnet im Messa di voce. Wundervoll ausgeglichen, harmonisch und tragend die Sopranstimme von Golda Schultz (Witwe), die am Ende des ersten Teils in der Rolle des Knaben unvermittelt verblüffend kindliche Züge annahm. Einzig Mihoko Fujimuras Altstimme (Königin) mochte als Solo nicht mitzuhalten. Sie klang etwas verbraucht, das Nachlassen in Volumen und Festigkeit wurde durch übermäßiges, schweres Vibrato kompensiert, mit einem Defizit in der Tragfähigkeit speziell bei offenen Vokalen.