Bis auf eine Ausnahme sind die Komponisten des Duo-Abends von Yaara Tal und Andreas Groethuysen sehr bekannt – fast allzu bekannt. Allerdings handelte es sich bei drei von fünf Programmpunkten um wenig gespielte Bearbeitungen von Orchesterwerken für zwei Klaviere. Nicht einfach ein Wohlfühlkonzert zum Zurücklehnen und Genießen also, sondern eines, das den Vergleich mit der populären Orchesterversion herausfordert?
Ein scheinbares Mysterium war schon das erste Werk des Abends, die Variationen über ein Thema von Beethoven von Saint-Saëns: eine Anspielung auf Beethovens berühmtes Op.35, die Eroica-Variationen? Weit gefehlt – leider. Gewisse Verbindungen zwischen den beiden Op.35 scheinen zwar vorhanden, denn auch Saint-Saëns beginnt seine Variationen mit einer Einleitung, in der er ein Fragment des Themas (nicht die Bass-Linie wie bei Beethoven, sondern die Akkordsprünge der ersten zwei Takte des Themas) verwendet, ohne das Thema zu verraten. Die durch Pausen getrennten Oktaven mit zwei eingestreuten Arpeggien bauen Spannung auf, crescendieren zu einem langen Triller, dann erklingt das Thema aus einer „fernen Ecke“ von Beethovens Sonatenwerk, dem Trio aus dem Menuett der Sonate Nr. 18 in Es-Dur, Op.31 Nr. 3.
Die Übertragung des Themas auf zwei Klaviere bleibt nah beim Original, hat aber bereits ihre technischen Tücken: Beethovens Satz wird taktweise auf die zwei Partner aufgeteilt und es gilt, die durch Pausen getrennten Akkordpaare zeitlich so zu setzen, dass ein durchgehender Rhythmus erhalten bleibt. Die beiden Interpreten, seit Jahrzehnten ein Duo, schaffen das selbst mit agogischer Gestaltung wie selbstverständlich. Die nachfolgenden neun Variationen sind pianistisch durchaus anspruchsvoll und attraktiv gesetzt; bereits die erste ist in der Artikulation der raschen Sechzehntelnoten eine technische Herausforderung.
Die kapriziöse fünfte Variation ist durchaus reizvoll, im Trauermarsch der sechsten wagt Saint-Saëns in der Harmonik den Blick über den Tellerrand der Klassik. Danach baut eine Reprise der Einleitung erneut Spannung auf und es folgt eine recht konventionelle Fuge barocken Zuschnitts mit einer Stretta, die zur technisch wiederum anspruchsvollen Schlussvariation überleitet. Letztere schien die Grenzen der etwas schwerfälligen Klaviermechanik herauszufordern. Leider enttäuschten mich die meisten der Variationen – nicht in der weitgehend einwandfreien Umsetzung, sondern (mit der erwähnten Ausnahme) musikalisch: der Komponist geht darin kein Wagnis ein und beschränkt sich auf ein dürftiges Beethoven-Imitat. Dass dazu die Stimmung der Flügel alles andere als perfekt war, verbesserte diesen Eindruck nicht.
Es folgte Debussys Tondichtung La mer, transkribiert für zwei Klaviere zu vier Händen von André Caplet. Ein anspruchsvolles Unterfangen und nur teilweise geglückt, denn vor allem der erste Teil schien weit entfernt von der atmosphärischen Stimmung, der breiten dynamischen Spanne der Orchesterversion, auch wenn die wellenförmigen Steigerungen eindrücklich gestaltet waren. Die pianistische Herausforderung liegt hier in der Koordination des Rubato in einem dichten Klaviersatz wobei wieder die unsaubere Stimmung im Bass störte. Das "Jeux des vagues" gefiel mir wesentlich besser, sowohl als Komposition, in Caplets Umsetzung wie in der Ausführung: virtuos, atmosphärisch. Gelungen fand ich auch den dritten Teil, dessen ruhige Segmente in mir den Gesang von Äolsharfen über Wellengekräusel evozierten. Dazwischen frischte der Wind auf bis zu einer steifen Brise, in einer zweiten Welle bis zum Sturm, mit synkopierten Rhythmen, in einer packenden Interpretation.