Wohl bei kaum einem Komponisten der klassischen Epoche findet sich das Thema „Freiheit“ so präsent im Schaffen wieder wie bei Ludwig van Beethoven. So ist etwa mittlerweile beinahe legendär geworden, mit welcher Begeisterung der Komponist Napoleon zunächst als einen Befreier Europas von alten Machtstrukturen feierte, ihm gar seine Dritte Symphonie widmete – und nach Napoleons Selbstkrönung zum Kaiser voller Empörung ebendiese Widmung zurücknahm und so heftig vom Titelblatt des Symphoniemanuskripts ausradierte, dass er ein Loch in das feine Papier riss. Es scheint, als hätte Beethoven vorausgeahnt, mit welchen Machtambitionen Napoleon anschließend ganz Europa in mehrere Jahre andauernde kriegerische Auseinandersetzungen stürzen sollte. Freiheit zeigt sich aber auch in Beethovens Kompositionstechniken, ganz besonders in seiner Neunten Symphonie, die mit ihrem grandios angelegten Chorfinale die Gattung als solche für immer verändern und auf eine gänzlich neue Stufe heben sollte.
Was hätte es somit für einen passenderen Festivalepilog für das 2. Internationale Musikfest Hamburg geben können als eben Beethovens letzte Symphonie glanzvoll auf die Bühne zu bringen? Die Macher des Festivals hatten zudem eine besonders spannende Besetzung für das Projekt gewinnen können: den Concentus Musicus Wien unter keinem Geringeren als seinem Gründer Nikolaus Harnoncourt, dazu ein hochkarätiges Solistenensemble sowie den Arnold Schoenberg Chor aus der österreichischen Hauptstadt. Doch es hatte nicht sollen sein: Im März dieses Jahres verstarb Harnoncourt und als einzig richtige Geste entschied man sich, das Konzert unter anderer Leitung stattfinden zu lassen – zugleich als Festivalfinale und vor allem auch im Gedenken an den für die Musikwelt so bedeutenden Nikolaus Harnoncourt.
Mit dem Schweizer Diego Fasolis übernahm ein ausgemachter Spezialist für Barockmusik das Dirigat und zwar ganz offensichtlich mit der Prämisse, die Harnoncourt'sche Liebe zum kantigen Musizieren beizubehalten. So geriet Fasolis' Neunte denn in vielerlei Beziehung zu einem forschen Vortrag, der leider nicht ganz zu packen oder gar – dem Anlass eines Gedenkkonzertes ja angemessen – zu rühren vermochte. Der Concentus Musicus zeigte von der am Symphoniebeginn stehenden leeren Quinte an, wie sehr er die ruppige, beinahe rotzig zu nennende Spielweise Harnoncourts verinnerlicht und daraus einen sehr eigenen Ensembleklang etabliert hat.