Zum eigentlichen Saisonauftakt des Concentus Musicus Wien im heimischen Musikverein fand ein Werk auf den Pulten Platz, das als eines zählen darf, welches mittlerweile zu einem beliebten, mit dem Ensemble, seiner Geschichte und vor allem derjenigen des Stücks und der Spielstätte selbst untrennbar verbundenen Evergreen gehört. Es ist Händels zweite große Vertonung zu Ehren der Heiligen Cäcilia, Alexander’s Feast or The Power of Musick, die später von Mozart als Timotheus oder die Gewalt der Musik arrangiert, 1793 dann posthum in Wien gespielt sowie am 29. November 1812 in der Adaption Ignaz von Mosels als Untermalung der Gründung des Musikvereins und 200 Jahre später – wieder in Mozarts Aufmachung – zu jener der Jubiläumsfeier diente.
Kurioserweise hatte es in diesem Jahr auch als Auftakt der Styriarte Graz hergehalten, das für Nikolaus Harnoncourt eingerichtete Festival, wo es 2003 nach Aufführungen in Wien und Stift Melk 2001 erklang und bei dem Residenzkünstler Alfredo Bernardini mit seiner Gruppe Zefiro den Arnold Schoenberg Chor dirigierte. Anstelle dieses sonst in der Historie natürlich an der Seite des CMW zu hörenden Klangkörpers waren die seit einigen Jahren dazugekommenen Stammkollegen des Chorus sine nomine unter Einstudierung Johannes Hiemetsbergers nun chorischer Vokalpartner im Händeloratorium – in Händels Fassung, ohne das Zwischenakts-Concerto-grosso HWV318. Und der CSN agierte großartig, geschmeidig phrasierend und beweglich in seiner Geschlossenheit, das Vokale teils körperlich unterstreichend, mit reinen Sopranhöhen und auch darüber hinaus kultiviert, ja neu krafttankend, in den Kultstatus erreichenden Ode-Nummern.
Eine aus dem Erbe heraus wachsende Gelassenheit mit genauso aus der Verpflichtung resultierenden Griffig- und angenehmen Galligkeit verband der CMW unter leitendem Dirigenten und mit Basslaute André Almeida Ferreira hübsch die Rezitative verzierendem Cembalisten Stefan Gottfried. Dessen organisches Gespür und das sauber aufgeräumte, knackige, mit Konzertmeisterlegende Erich Höbarth feinst lieblich und strahlend sekundierte Solo im „He sung Darius, great and good“, Ursina Brauns ebenso wundervolles Celloconcertanto in „Softly sweet in Lydian measures“ sowie Martin Sillabers akkurate Trompete in „Revenge, revenge, Timotheus cries“ erschufen eine stilvolle, überzeugende Huldigungstonalität und -mentalität an die Kraft der Musik. So, als sei eben jeder Ton zu jeder Zeit ein Fest.
Leider nicht ganz dergleichen bei Michael Schade, der seit 2001 in diesem Werk auch schon so gut wie zum „Inventar“ beim CMW gehört, verpasste er beinahe seinen Einsatz „Now strike the golden Lyre again!“ zum Beginn des zweiten Teils und schien dabei ohne Noten aufgeschmissen, als er die falsche Seite aufgeschlagen hatte, wohingegen er zum Schlusschor den Tenorpart auswendig mitsingen konnte. Jenes Malheur bügelte er in sekundenschneller, generell rettender, dabei doch wieder erfahrungscharmanter, gestischer Überspielung aus, indem er sich die Mappe von Sopransolistin Johanna Wallroth schnappte. Probleme bei mehrtaktigen Linien und insgesamt uneben-unentschlossener bei Dynamik und manchem Ausdruck, wucherte Schade allerdings mit seinem Pfund der lichten, immer noch sitzenden, unausgeleierten, weichen Pianohöhen.