Das Saisoneröffnungskonzert des Philharmonischen Orchesters Rotterdam hieß kurz und trendy: Yannick und Janine. Gemeint waren der kanadische Chefdirigent Yannick Nézet-Séguin, der das Orchester nach dieser Saison verlässt und ab 2020 die Leitung der Metropolitan Opera in New York übernehmen wird und die niederländische Geigenvirtuosin Janine Jansen.
Janine Jansen spielte das Violinkonzert, Op.15 von Benjamin Britten mit der ihr typischen Intensität und Leidenschaft. Die Pauke beginnt, ein Beckenschlag antwortet – nach drei Wiederholungen setzen die Streicher ein, deren Anfangsakkorde, dreimal tief-hoch, den Ton angeben: Anklänge an Jazz für Amerika, wo die Uraufführung am 29. März 1940 mit den New York Philharmonic unter Sir John Barbirolli stattfand, und Spanien, aus dem Antonio Brosa, der Solist der Uraufführung stammte. Britten hatte ihn kurz vor Beginn des spanischen Bürgerkriegs in Barcelona kennengelernt und ihm später dieses Werk gewidmet.
Yannick Nézet-Séguin ließ die Einleitung ohne große Dramatik spielen und gab so der Solistin allen Raum zur Entfaltung ihres intensiven klangschön vibrierten Klagegesangs. Die Akkorde des zweiten Themas artikulierte Janine deutlich und ließ besonders die hohen Noten wunderbar klingen. Die Orchesterzwischenspiele waren gut artikuliert und mit dem das Orchester auszeichnenden warmen und gleichzeitig klaren Klang gespielt. Während des gesamten Stückes fielen die genau aufeinander abgestimmten Zwiegespräche auf: erst kommunizierte Janine mit den Pauken, später entwickelte sich ein intimes Gespräch zwischen ihr und den Posaunen und der Tuba.
Einem Bonmot zufolge soll Jascha Heifetz Brittens Violinkonzert als unspielbar klassifiziert haben, doch bei Janine Jansens exzellenter Geigentechnik klang beinah alles mühelos. Besonders bemerkenswert war ihre Beherrschung der Flageolett-Akzente. In der Kadenz am Ende des zweiten Satzes übernahm Janine allein das Wort und es entspann sich ein Geigenmonolog in dem die Solistin ihre langgezogenen legato Bogentöne selbst mit Pizzicati der linken Hand begleitete. Sie spielte mit vollem Risiko: das nimmt für sie ein, das macht ihr Spiel authentisch, das führte auch ab und an zu hörbaren Ansatzgeräuschen, wenn der Bogen am Frosch auf die Saite aufschlug. Aber nie litt das expressive Spiel, nie verlor sie die Beherrschung über ihre Stradivari. Das ist die hohe Kunst des Geigenspiels. Der dritte Satz, eine Passacaglia im Andante lento, endet über einem liegenden Bläserakkord mit einem klagenden Halbton-Motiv, in dem Jansen gerade in den unteren Tonlagen mit Sinnlichkeit beeindruckte. Die abschließenden Triller brachten keinen Trost und so blieb das Publikum nach den letzten Tönen einige Sekunden nachdenklich still.