Félicitations! Gratulation an Benjamin Bernheim für eine großartige Vorstellung in der männlichen Titelpartie von Charles Gounods Roméo et Juliette. Wer noch kein Fan des französischen Repertoires war, ist es bei der dritten und letzten Vorstellung dieser Serie an der Wiener Staatsoper vielleicht geworden.
Der französische Tenor hat sich mit seinem leuchtenden Timbre, bombensicherer Technik und viel Stilgefühl auf die großen Opernbühnen dieser Welt gesungen, und man ist dankbar, ihn an der Staatsoper in der herausfordernden Partie des Roméo zu erleben. An dieser haben sich schon große Namen den einen oder anderen metaphorischen Zahn ausgebissen, während bei Bernheim alles leicht erscheint und als Beispiel für Phrasierungskunst und Kantilene gelten kann. Dabei ist er in jeder Hinsicht uneitel und rückt nicht sich selbst oder den Showeffekt in den Vordergrund, sondern den Gesang. Und auf dessen Wirkung kann er sich voll und ganz verlassen, denn die Stimme besticht auch im Piano von „Adieu mille fois! Va! Repose en paix!“, das den zweiten Akt beschließt und einer der Höhepunkte des Abends, wenn nicht der gesamten Opernsaison war. Auch in darstellerischer Hinsicht sucht er nicht auf billige Effekte, sondern bevorzugt Subtiles. In einer Branche, deren bunte Vögel lieber auf die große Geste setzen, ist das ungewohnt, aber in seiner unaufgeregten Wahrhaftigkeit sympathisch.
Allein die gemeinsamen Szenen mit seiner Juliette, allen voran das Duett „Nuit d’hyménée“, hätten für einen denkwürdigen Opernbesuch gereicht, denn auch wenn Aida Garifullina nicht ganz auf der Höhe des Könnens von Bernheim ist, war sie ihm dennoch eine ansprechende Partnerin. Sie ist in der Partie der Juliette gefordert, da sie in recht hoher Tessitura beginnt und das „Je veux vivre“ im ersten Akt auch viel Flexibilität braucht. Das hatte ein paar Ecken und Kanten, aber steigerte sie sich stetig und ließ viel Ansprechendes hören. Das inkludiert auch die dramatische Gift-Szene, in der sie alles bis zur (allerdings kaum hörbaren) Erschöpfung gab. So viel Einsatz und Spielfreude sind mitreißend, weshalb sie mit ihrem zurückhaltenden Roméo ein spannendes Duo bildete, das sich gut ergänzte und zwischen dem die Chemie offensichtlich stimmte.
Das ist natürlich für jedes Bühnen-Liebespaar wichtig, aber in der Lichtarchitektur von Patrick Woodroffe, welches die Liebenden buchstäblich ins Scheinwerferlicht rückt, ganz besonders. Was in profaneren Momenten von Jürgen Flimms Regiearbeit an die Beleuchtung von Rockkonzertbühnen der Achtziger erinnert, zaubert aus dem Nichts eine Krone aus Lichtkegeln, in der die Liebe regiert, und die „Zeiten des Hasses“, wie Roméo Shakespeares berühmten Konflikt zwischen den Montagues und den Capulets bezeichnet, buchstäblich in den Schatten stellt.