Drei Brüder, drei unterschiedliche Charaktere, dennoch klar aus dem gleichen Holz geschnitzt, zusammen mit einer estnischen Bratschistin – das Schumann Quartett demonstrierte in der Kirche St Peter in Zürich Homogenität im Klangbild und familiäre Einigkeit, die über die bewusste Angleichung der Tongebung hinausgeht. Bei Haydn überzeugte das Ensemble mit einer geschlossenen, technisch und musikalisch ausgezeichneten Leistung. Das dritte Streichquartett von Tschaikowsky hingegen hätte gelegentlich durchaus noch mehr Expressivität, mehr Wagnis ertragen.
Bei Kammermusik-Ensembles, insbesondere Kleinformationen wie dem Streichquartett, ist es immer interessant, während des Spiels die visuellen und angedeuteten Interaktionen und Beziehungen zu beobachten. Nicht immer sind diese offensichtlich. Das Schumann Quartett existiert in dieser Form seit 6 Jahren, die drei Brüder musizieren zudem seit früher Kindheit zusammen. Dies ist mehr als ausreichend, um Gewissheit über die Leistungen, gegenseitige Vertrautheit mit den Intentionen der anderen Mitglieder zu gewährleisten. Anderseits hat nach 6 Jahren noch nicht so viel Routine Einzug gehalten, dass diese Beziehungen und Interaktionen alle implizit, verdeckt stattfinden, auch wenn die Artisten selbstsicher auftreten und ihre Plätze einnehmen.
Die Führungsrolle der ersten Violine ist in den meisten Quartettkompositionen bereits vom Komponisten angelegt, hier war es klar auch Erik Schumann, der den Einsatz gab. Danach jedoch war kaum zu erkennen, wie und ob er die Fäden zog. Ihm gegenüber saß Liisa Randalu, Bratsche, die beim Spielen meist die Noten fixierte, und deren Kontakte mit den anderen primär über das periphere Gesichtsfeld abzulaufen schienen. Ken Schumann an der zweiten Violine kommunizierte offen und visuell war er das interaktivste Mitglied: er behielt seinen Bruder Erik im Blick, wie zugleich, mehr noch, auch die Violinistin. Der Cellist, Mark Schumann, suchte primär Kontakt mit der ersten Violine, seinem Bruder Erik.
Haydns erster Satz offenbarte sogleich die Qualitäten dieses Ensembles: die weiche und dennoch klare Artikulation (natürlich, nicht überpointiert), der runde Wohlklang sowie die sehr gute Intonation. Auffallend waren auch die ausgezeichnete Abstimmung in der Charakteristik der Instrumente und das weitgehend perfekte Zusammenspiel. Das Allegro con spirito begann in einem guten, zügigen Zeitmaß, mit minimalem Vibrato. Letzteres half später, Dissonanzen im Tonsatz hervorzuheben. Agogik verwendeten die Musiker primär als ausgezeichnetes Mittel der Phrasierung, zum Beispiel zur Verbreiterung auf Höhepunkten, weniger – oder weniger auffällig – in der Gewichtung der Taktteile. Artikulation und Phrasierung waren sehr subtil. Der wohl einzige Makel lag primär in der Kirchenakustik: in raschen, bewegten Segmenten litt oft die Transparenz. Hier wäre wohl eine etwas leichtere Artikulation, respektive deren Abstimmung mit den akustischen Verhältnissen hilfreich gewesen, eventuell auch eine graduelle Zurücknahme des Tempos.