Von Regisseur Laurent Pelly als „magische Gemüsebeet-Zauberei“ beschreiben, macht Offenbachs unglaubhafte Oper Le Roi Carotte („König Karotte“, 1928) heuer ihr Comeback; trotz anfänglichen Erfolgs in Paris, London, New York und Wien war sie seit 1877 praktisch nicht auf Spielplänen zu finden. Während die ursprüngliche Fassung in vier Akten einen sechsstündigen Marathon mit 120 Künstlern auf der Bühne plus dutzende Bühnenbilder und hunderte Kostüme verlangte, hat Agathe Mélinand die zweite Fassung von Offenbachs Werk in drei Akten und elf Szenen adaptiert, in bedeutend eher zu bewältigender Länge. Die „magischen“ Aspekte mögen etwas gedämpft sein, doch die Lyoner Clownerie funktioniert noch immer – eine niedliche Wiederentdeckung eines recht politischen Werkes, und äußerst unterhaltsam.
Ohne Umschweife wird die Gemüseplatte an den Tisch gebracht: in der imaginären Stadt Krokodyne wird Prinz Fridolin XXIV. gestürzt, seine Verlobte von einem gemeinen, orangefarbenen Wurzelgemüse entführt und er ist gezwungen, aus dem Königreich zu fliehen – all das, weil er sich der nachtragenden Hexe Coloquinte widersetzt hat. Mit Bezug auf E. T. A. Hoffmanns Geschichte Klein Zacharias genannt Zinnober legt Librettist Victorien Sardou dem Prinzen eine Reihe Hindernisse und Kreuzungen in den Weg seiner Rückkehr zur Macht, die die kleine Rebellenbande (Fridolin, Rosée-du-Sur, Robin-Luron und verschiedene Gefolgsmannen) gar bis nach Pompeji führen, um einen magischen Ring zu beschaffen, der letzten Endes nicht viel hermacht, doch es ist eine unterhaltsame Reise.
Victor Aviats Dirigat braucht eine Weile, um sich zu sammeln. Die Ouvertüre funkelt, doch zu Anfang ist der Klang etwas schal; die ersten Violinen kämpfen um Präzision und der Einsatz von Mezzosopran Julie Boulianne als Robin-Luron (eine gute Schauspielerin mit relativ leichtem Timbre) geht unglücklicherweise im Orchester unter. Von Anfang an ist der Enthusiasmus des Chores kräftig (die erste Szene zeigt Medizinstudenten bei einem Alkoholexzess in einer Brasserie in einem ausgewachsenen Initiationsritus für Erstsemester), und die gesamte Oper hindurch transportiert der Chor Offenbachs Stil wirkungsvoll – selbst, wenn der Kontakt zum Orchester gelegentlich verloren geht und Einsätze nicht zusammen sind. In diesem burlesken Rahmen sehen wir den ersten Kontakt zwischen Fridolin und seiner Braut. Diese beiden zentralen Rollen erhalten eine mehr als würdige Besetzung: Yann Beurons Opern- und Operettenerfahrung und sein runder, kräftiger Tenor machen in zur perfekten Wahl; gleiches gilt für Antoinette Dennefeld als Cunégonde. Ihr verdrießlicher, opéra bouffe-erfahrener Mezzo ist warm, ihre Manier frisch und unverfroren. Mit unbestreitbarem Charme und besonderer Leichtigkeit bietet Chloé Briot als Rosée-du-Sur Schöngesang, ob im Koloraturduett mit der Flöte oder mit anderen Sängern.