Was macht man nach dem Gewinn eines der renommiertesten Cello-Wettbewerbe im zarten Alter von 21? Eine Preisträger-Welttournee? Nicht so im Falle des japanischen Cellisten Haruma Sato, Gewinner des ARD-Musikwettbewerbs 2019 in München. Er ist zurück in Berlin, wo er sein Musikstudium an der Universität der Künste fortsetzt. Als wir miteinander gesprochen haben, bereitete er gerade ein neues Repertoire für eine Tournee nach Japan vor, die schon vor seinem Erfolg in München geplant war.
Haruma lebt seit dreieinhalb Jahren in Berlin, wo er bei Professor Jens Peter Maintz studiert, der – wie es der Zufall so will – ebenfalls Gewinner des ARD-Musikwettbewerbs war, vor 25 Jahren. Als ich ihn frage, was ihm am besten an Berlin gefällt, sagt er: „Ich liebe das Tempo des deutschen Lebens, das viel langsamer ist und unter weniger Druck steht als in Japan. Ich habe das Gefühl, dass es mehr Platz gibt – die Straßen sind breiter und es gibt viele Grünflächen und Natur, was die ideale Umgebung für mein Musizieren ist. Hier kommt die Musik ganz natürlich zu mir.” Auf der anderen Seite vermisst er die Qualität der Essenskultur in Japan. Er erzählt mir, dass ein Mittagessen in der Mensa eines der schockierendsten Erlebnisse für ihn in Berlin war. Er kichert und gesteht, dass er seitdem nicht nicht mehr dort war und oft sein eigenes Mittagessen einpackt.
Haruma wurde in Nagoya, Japan, geboren, Heimatstadt vieler guter Streicher. Seine Eltern unterrichten beide Japanisch, aber sie beide lieben Musik und haben sich im Universitätsorchester kennengelernt – sein Vater spielt Kontrabass, seine Mutter Geige. Haruma hat im Alter von vier Jahren mit dem Geigenunterricht begonnen, war aber bald vom Klang des Cellos fasziniert, das sein älterer Bruder lernte, und wechselte im Alter von sechs. Sein Bruder schlug letztendlich einen anderen Weg ein, but Haruma hat nie zurückgeschaut. „Seit meiner Kindheit spielt das Cello eine so große Rolle in meinem täglichen Leben, dass ich mir nie wirklich eine andere Karriere als Musiker vorstellen konnte. Aber der Grund warum ich wirklich Profi-Cellist werden wollte, war ein Konzert mit der japanischen Cellistin Nobuko Yamazaki in Nagoya, bei dem sie Elgars Cellokonzert gespielt hat. Also habe ich beschlossen, nach Tokyo zu gehen, um bei ihr zu studieren.”
Was mich beim Livestream von Harumas Finalrunde beim ARD-Musikwettbewerb – er spielte Schostakowitschs Cellokonzert Nr. 2 – am meisten beeindruckte, war seine Aufmerksamkeit gegenüber den einzelnen Orchestergruppen während er spielte, und seine außergewöhnliche Ensemble-Fähigkeit. Zweifelsohne liegt das an seiner Erfahrung mit dem NHK Nagoya Junior Orchestra, wo er ab dem Alter von acht Jahren sechs Jahre lang gespielt hatte. „Bis dahin war ich es gewöhnt, allein für mich zuhause zu üben und plötzlich habe ich die Freude entdeckt, mit anderen gleichgesinnten Kindern zu spielen. Ich habe mich immer umgesehen, was andere spielten – und diese ,Antenne’ hilft mir dabei, wenn ich Kammermusik oder ein Konzert mit Orchester spiele.”
Überraschenderweise erzählt er mir, dass er fast lieber Kammermusik spielt, zum Beispiel ein Streichquartett, als Solowerke, aber da die Art und Weise, wie man den Klang für Kammermusik produziert ganz anders als für einen Solisten ist, will er sich einstweilen auf den Soloklang konzentrieren. Haruma spielt momentan auf einem wunderbaren Instrument des italienischen Geigenbauers Enrico Rocca von 1903, Leihgabe der Munetsugu Collection in Nagoya. „Ich habe mich auf Anhieb in das Instrument verliebt, als ich es vor zwei Jahren das erste Mal gespielt habe. Anders als ein Stradivarius oder andere traditionelle Instrumente, hat dieses Cello einen robusten und klaren Klang, genau was ich anstrebe. Das Cello ist außerdem dicker als ein übliches Instrument, was ihm einen kraftvollen Ton verleiht. Ich bin unglaublich dankbar, es spielen zu dürfen.”
In den letzten paar Jahren hat Haruma an einigen prominenten Wettbewerben teilgenommen, der Lutosławski Cello Competition 2018 (Erster Preis), der Tchaikovsky International Competition 2019 (zweite Runde) und dem ARD-Musikwettbewerb 2019 (Erster Preis). Er sagt, dass er seit seiner Ankunft in Berlin an vielen international Wettbewerben teilgenommen hat, weil er etwas wollte, um seine Erfolge vorzeigen zu können. Er war sich nicht sicher über seine Teilnahme sowohl beim Tchaikovsky- als auch beim ARD-Musikwettbewerb im selben Jahr (sie fallen nur selten zusammen), aber sein Lehrer Maintz hat ihn dazu ermutigt, schließlich hatte er 1984 selbst an beiden teilgenommen.