Wo, mit wem und wie feiert man sein 40-Jähriges? Unbenommen einer ganzen Reihe individueller Möglichkeiten doch sehr häufig bei sowie mit Freunden, guten Bekannten und populären Schlagern; beim European Union Baroque Orchestra ist das zumindest nicht anders. So ging es für das Ensemble mit Verwaltungssitz in Italien zu seinem langjährigen deutschen Aufführungspartner in die sachsen-anhaltinische Musikakademie Kloster Michaelstein – und zwar mit dem italienischen Geigendirigenten Enrico Onofri, der Vertrauter des EUBO ist, 2023 den ersten Tourneustart nach Polen und die Musiker bereits zum 25. Geburtstag anführte.
Im Reisegepäck: fünf barocke, bedeutende und geliebte Meister, um die künstlerische Historie, Gegenwart und Zukunft des Orchesters, dazu unweigerlich das Bild der EU, die Geschichten der Stücke selbst zu erzählen und tanzend die Brücke zu Deutschland, Frankreich, Großbritannien und eben doch auch Italien und Spanien, schließlich in Verbindung mit der weiten Welt zu schlagen.
Mit einer Suite aus Henry Purcells The Fairy Queen nahm das EUBO Fahrt für die instrumentale Revue auf. Mit temperamentvoller Energie, vor allem opulent-sattem, vor festlichem Sich-zeigen-wollen strotzendem Klang, der dennoch Raum für stärkere dynamische Kontraste ließ, Spannung und rhythmischer Freude hangelte sich beispielsweise darin der vorlaute Affe („Monkey’s dance“) durch die Musikscheune, ehe das Orchester, im Nachtschwärmer-Tanz zuvor kurioserweise mit besetzungsfremder Traversflöte, ein extravagant straffes Parkett bot für die „Chaconne“ als „Dance for the Chinese Man and Woman“.
Wie Wunsch und Wirklichkeit bei vielen kulturellen und anderen Errungenschaften in der EU aber auseinander liegen können, verdeutlichte – gleichsam anlassgerecht – Georg Philipp Telemanns Suite burlesque de Quixotte, in der das EUBO mit dickem Klangpinsel sowie effekt- und affektreichem Einsatz, insbesondere seitens des Cembalos und Streicherbasses, den Spott, Witz und Ernst des kompositorischen und ebenfalls persönlichen Ideengiganten zeichnete. Herrlich, wie der dramatisch-wüste Windmühlenkampf dabei durch die lebendig-ritterliche Präsenz des Orchesters seine Wirkung genauso wenig verfehlte wie die süßlich-schmachtenden, theatralischen Seufzer über Dulcinea und die sehr rasant und kompromisslos, bäuerlich-wild realisierte verdrießliche Täuschung Sancho Panzas. Oder das lautmalerisch köstliche Nachahmen Quijotes klappriger Rosinante und des kleinlauten Dahintrippelns dieser Kombination ins schöne Nirgendwo.
Wo das EUBO-Herz mal organisatorisch schlug – nämlich im englischen Woodstock –, es nun mit barocker Seele pocht, Vorstellungen durch künstlerischen Kopf Mario Martinoli (60. Geburtstag) reifen und sich starke Lungen für die instrumental tragende Artikulation erhofft werden (in Lodi), verkörperte anschließend Charles Avisons Concerto grosso, Op.6 Nr.5 nach Domenico Scarlatti. Robust, energetisch, leidenschaftlich, äußerst markant in der Bogensprache, harmonisch und unerbittlich vorwärtsdrängend, außerdem im Kontrast zu Onofris filigranem, bisweilen allerdings auch leicht ungenauem Concertino stehend, taten sich dort die Klänge des Ensembles hervor. Selbst wenn die originalen Perkussionsinstrumente fehlen sollten, sorgten die Musiker in einer Suite aus Rameaus Les Indes galantes arco-behände für genügend royalen Stolz, der manchmal mystisch erschien, jedoch auch formale Stringenz, wie in der berüchtigten Stimmungskanone der „Danse du grand calumet de la paix exécutée par les sauvages“.