„La scuola degli amanti” – eine Schule der Liebenden. Tatjana Gürbaca nimmt diesen Untertitel von Così fan tutte für ihre Inszenierung am Nationaltheater Mannheim beim Wort. Zuerst macht das Pensum Spaß, im zweiten Akt dagegen wird es bitterer Ernst. Die Regisseurin zeigt höchst einfühlsam und in exzellenter Personenregie die Entwicklung zweier liebender Paare aus ihrer spätpubertären Verliebtheit hin zur Reife des Liebens. Am Schluss werden die Hauptpersonen ziemlich zerrupft aus dieser Schule ins Leben entlassen.
In den ersten Szenen ist die Blauäugigkeit der Figuren offenkundig. Die zwei Jungspunde Guglielmo und Ferrando sehen und hören wir beim Badminton-Match von ihren Verlobten prahlen: Schön sind diese natürlich, aber vor allem treu! Berauscht von ihrem Glück ziehen sie eine übermütige Show ab. Ihr Freund Alfonso ist da skeptisch, beständige Treue spricht er den Frauen ab.
Nächstes Bild: die beiden 15-jährigen Schwestern. In elegantes Weiß gekleidet und relaxed am Boden ausgestreckt, zeigen sie sich gegenseitig verzückt die Bilder ihrer Verehrer. So tolle Männer und so viele Schmetterlinge im Bauch! Seunghee Kho als Fiordiligi und Shachar Lavi als Dorabella zwitschern förmlich vor Glück. Man ahnt, durch diese rosa Brille betrachtet, kann es eigentlich so nicht weiter gehen.
Und geht es auch nicht! Wie wir wissen, fädelt Alfonso ein Experiment ein. Die Männer machen wechselseitig ihre Freundinnen verliebt, womit deren Untreue bewiesen werden soll. Überraschend müssen sie in den Krieg. Schon marschieren die Soldaten auf (in der Uniform Napoleons, die Premiere war am 14. Juli!). Es wird zu wunderschöner Musik Abschied genommen, der geschmeidige Orchesterklang ist lyrischer Wohlklang vom Feinsten. Den Frauen zerreißt es das Herz, bestens bei Stimme spielen Guglielmo (Ilya Lapich) und Ferrando (Juraj Hollý) perfekt ihre Rollen und Alfonso (Bartosz Urbanowicz mit klangvollem Bariton) platzt fast vor Vergnügen. Er ist der Lehrer bei dieser Versuchsanordnung und nicht wie oft ein bloßer Zyniker, sondern neben Despina (wundervoll selbstbewusst: Csilla Csövari) auch mit gehöriger Selbstironie begabt.
Gürbaca zeigt ihre Figuren mit liebevoller Ironie. Wie bei Mozart und da Ponte wird keine bloßgestellt, aber das Verhalten und die Situationen bringen das Publikum an diesem Abend ungewöhnlich oft zum Lachen. Die Regisseurin traktiert hier kein Konzept, sondern zeigt mit scharfem Blick, wie es mit der Liebe so gehen kann.
Die ersten Anbahnungsversuche wollen noch nicht recht gelingen. Ziemlich täppisch stellen sich die Männer an, machen einfach Biwak im Wohnzimmer der Schwestern, präsentieren sich als tolle Hengste und starten so manchen übergriffigen Coup. Nur mühsam können sich die Frauen erwehren. Da wird schon mal zum Pfefferspray gegriffen, bis die Männer mit der Selbstmordmasche kommen, aber Despina, die fleißige Putzfrau regelt das Problem mit der Scheuerbürste. Den faulen Zauber mit der Heilkraft des Mesmerschen Magnetismus braucht es hier nicht. Als die Männer wieder bei Kräften sind, schmeißen sie sich noch dreister ran und der Akt endet mit einem turbulenten Schattenboxen im Kampf der Geschlechter.