Bahnbrechend als radikale Abkehr vom spätromantischen Konzertstil war das 1916 komponierte Violinkonzert von Karol Szymanowski. Bahnbrechend war auch, dass in einem Konzert des Chicago Symphony Orchestra im Juni 1933 erstmals die Komposition einer afroamerikanischen Frau aufgeführt wurde, die Erste Symphonie von Florence Price. Bahnbrechend ebenfalls, dass dieses Werk nun auch in Deutschland vorgestellt wurde. Yannick Nézet-Séguin hatte mit dem Philadelphia Orchestra beide Werke mit zum Musikfest Berlin gebracht.
Mit glühendem Geigenton, vielfarbig, kraftvoll und entschieden, in den extremen Höhen im lyrisch zarten Flageolett war Lisa Batiashvili die überragende Solistin in Szymanowskis Violinkonzert. Schlafwandlerisch sicher meisterte sie die extremen technischen Anforderungen, intensiv lotete sie die weit gespannten Stimmungen der Musik aus. Die kurze, aber expressiv enorm verdichtete Kadenz, komponiert vom Geiger und Widmungsträger des Konzerts Paweł Kochański, gestaltete Batiashvili zu einem Feuerwerk virtuosen Geigenspiels.
Szymanowskis Konzert, inspiriert von einem Gedicht mit dem Titel Mainacht, ist ein Wunderwerk an filigranen Klängen, schillernd in den Klangfarben und voller Ausdrucksnuancen, was trotz großer Orchesterbesetzung dem Philadelphia Orchestra ungemein transparent und spannungsgeladen gelang. Die kühne Modernität dieses lyrisch-expressiven Werks und zugleich seine stilistische Eigenständigkeit wurden in dieser Aufführung aufs Schönste erfahrbar.
Florence Price (1887 - 1933) dagegen war eher eine konservative Stilistin. Beeindruckt vom europäisch orientierten New-England-Style komponierte Price grundsätzlich konventionell, mit unverkennbaren Anklängen an Antonín Dvořák, dem Idol der amerikanischen Musik um die Jahrhundertwende. Getreu dem überkommenen Modell der Symphonie und unverkennbar von Dvořáks Melodik beeinflusst beginnt das Werk ganz traditionell, bis am Ende des Kopfsatzes in der Coda in der hohen Trompete und dem Becken ein kurzer jazziger Moment aufblitzt.