Am 16. Oktober 2016 feierte an der Wiener Staatsoper Christoph Willibald Glucks Armide Premiere, dessen Libretto von Philippe Quinault bereits 1686 durch Jean-Baptiste Lully vertont wurde. Das Werk, welches 1777 an der Opéra in Paris uraufgeführt wurde, war sehr populär, wurde später von Meyerbeer und Wagner zur Aufführung gebracht, und auch die Wiener Staatsoper wäre beinah mit Glucks Drame-héroique eröffnet worden. Umso bedauernswerter erscheint es nun, dass die Erstaufführung in Originalsprache am Haus nicht packender ausgefallen ist...
Der Grundgedanke des Regiekonzepts von Ivan Alexandre ist simpel: Armide wurde als ein als Frau verkleideter Mann dargestellt, der bereits in Kinderjahren in den Verführungskünsten ausgebildet wurde, um später als Sexwaffe gegen Feinde des Landes eingesetzt werden zu können. Armide verliebt sich nun aber in Renauld, den sie/er eigentlich verführen hätte sollen. Die Beziehung zwischen den beiden funktioniert deswegen nicht, weil Armide nicht so sein kann, wie er/sie wirklich ist. Die homosexuellen Anspielungen der Inszenierung sind unübersehbar, werfen jedoch eine gewichtige Frage auf: Ist männliche Liebe auf der Bühne heutzutage immer noch nichts wert? Hier ist ein durchaus innovativer Ansatz verschenkt worden, der sich letzten Endes in eine homoerotische Männerphantasie herabsenkt.
Die Bühne besteht aus einem Metallgerüst aus drei verschiedenen Ebenen in Rost und Gold, die sich ständig, teils auch gegeneinander, in Bewegung befinden, und die technisch schön umgesetzt sind. Sonst ist die Bühne wie die Ausstattung von Pierre-André Weitz generell karg, leer, minimalistisch und zudem leider nur wenig innovativ – man hat diese Art von Bühnenbild schon oft gesehen, zum Beispiel in Zimmermanns Die Soldaten bei den Salzburger Festspielen; zudem war die Ausleuchtung der Bühne äußerst dunkel.
Genauso minimalistisch wie die Bühne und das Licht fällt auch die Personenregie aus, die gleichsam anachronistisch wirkt, so wenig wurden die einzelnen Charaktere in Szene gesetzt und entwickelt. Die einzige Bewegung entsteht durch die Statisten, teilweise den Chor, der ansatzweise schwarz geschminkt ist und vor allem die hervorragende Balletttruppe, der es immer wieder gelang, den dem Werk angemessenen Ausdruck auf die Bühne zu bringen. Einzig das Finale mit dem kalten Feuerwerk auf der Bühne und dem durch Nebel scheinenden, gleißenden Gegenlicht war ein szenischer Einfall, der dem Werk und der Staatsoper gerecht wurde.