Revue oder Operette? Diese Zuordnung lässt sich beim Weißen Rössl oft nicht ganz eindeutig machen, doch bei der neuen Inszenierung im Salzburger Landestheater wird schnell klar: Es muss eine Revue sein. Ein klein wenig fühlt man sich an den Broadway erinnert, als sich der Vorhang öffnet und ein gigantischer Schriftzug mit dem Titel „Im weißen Rössl“ herunter gelassen wird. Generell sind es immer wieder große Showelemente, die einerseits in ihrem Ausmaß überladend und gleichzeitig doch auch etwas puristisch die einzelnen Szenen einrahmen – ein bewusster Ausbruchsversuch aus den Fängen des klischeebehafteten Beigeschmacks?
Das Werk, das in den 1930er Jahren entstand und als frecher, zukunftsgerichteter Gattungshybrid galt, erfuhr in der Nachkriegszeit eine Neufassung. Und dann kam Peter Alexander, Fluch und Segen zugleich, denn neben Popularität versah die Filmindustrie das Rössl mit dem Siegel des Heimatfilms und der Nostalgie. Jetzt also eine bewusste Abwendung vom überladenen Heimatidyll? Das gelingt Bühnenbildner Stephan Prattes nur teilweise, denn oftmals haben die übergroßen, alleine stehenden Bühnenelemente eine beengende Wirkung auf das Geschehen, wobei die Idee, reduzierter und mit Anspielungen zu arbeiten, dem Rössl recht gut steht. Regisseur Andreas Gergen hat sich für die vor einigen Jahren neu entdeckte Urfassung entschieden, diese sei frecher und rasanter. Und so fällt die Inszenierung dann auch aus – rasant. Das Ballett des Landestheaters fliegt nur so über die Bühne (Choreographie Kim Duddy) und es wird keine Gelegenheit ausgelassen, die gestählten Körper der Tänzer mit Anspielungen zur Heimatfilm-Szenerie in knappen Dirndlgewändern und Lederhosen ohne Hemd darunter zu zeigen.
Das Ensemble des Landestheaters bringt solide Leistung, allen voran Sascha Oskar Weis als Leopold, der so unsterblich in die Rössl-Wirtin Josepha verliebt ist. Er spielt den Zahlkellner mit einem Mix aus Schmiss und Nachdenklichkeit und niemals überzeichnet. Auch seine Soloparts sind interessant gestaltet, herrlich trocken gelingt ihm der Einstieg mit der Nummer „Aber meine Herrschaften, nur immer gemütlich“. Stimmlich ist er sehr präsent und durch und durch facettenreich, an manchen Stellen dürfte er aber durchaus noch etwas frecher sein. Zum Thema frech kommt einem auch sofort die erstaunliche Lockerheit und der Witz von Dominik Tiefgraber als Piccolo in den Sinn. Manch ein Kollege muss aufpassen, von dem jungen Talent nicht an die Wand gespielt bzw. gesungen zu werden, und ich freue mich darauf, mehr von ihm zu hören.