Auf die politische Dimension des blinden Fanatismus, dem Fromental Halévy in seiner Grand Opéra La Juive mit der Darstellung des erbitterten Machtkampfes zwischen Christen und Juden beispielhaft Ausdruck verleiht, konzentrierte sich die Inszenierung Peter Konwitschnys am Nationaltheater Mannheim. Befremdlich und der Thematik unangemessen wirkte die mehrfach aufgrund der szenischen Darstellung aufkommende Komik. Die musikalische Darbietung war durchwachsen: Einerseits beeindruckte die hervorragende Leistung Astrid Kesslers als Rachel und Estelle Krugers als Prinzessin Eudoxie, andererseits fielen die männlichen Gesangrollen sowie einige Chorpartien deutlich davon ab.
Mit den Orgelklängen der in dieser Aufführung erklingenden, kürzeren der beiden von Halévy für diese Oper geschriebenen Ouvertüren begann unvermittelt die Premiere. Alsbald trat der Chor mit den Worten „Te Dominus laudamus“ hinzu und führte damit in den situativen Kontext des Werkes ein: La Juive spielt 1414 zur Zeit des Konstanzer Konzils und thematisiert am Beispiel des Konfliktes zwischen Juden und Christen die Auswirkungen fanatisch vertretener Weltsichten. Der Chorgesang zeichnete sich durch seine klangliche Monumentalität aus, deren Wirkung jedoch von intonatorischen Schwächen in den hohen Lagen gemindert wurde.
Inmitten der Feststimmung anlässlich des militärischen Sieges General Léopolds erklangen laute Hammerschläge; der jüdische Goldschmied Éléazar wurde am Sonntag beim Arbeiten erwischt, woraufhin die Christen ihn und seine Ziehtochter Rachel zu massakrieren versuchten. Belustigend wirkte auf das Publikum die auffällige Bemalung der Hände: Die Hände der Christen waren blau, die der Juden gelb bemalt. Ein Kunstgriff, mit dem Konwitschny eigentlich verdeutlichen wollte, dass die Bemalung „das einzige [ist], was sie unterscheidet“ und „die Konflikte viel allgemeinerer Art [sind]“. Der aber verlor aufgrund seiner unbeabsichtigten Komik an Wirkung.
Beeindruckend war die Arie des Kardinals Brogni, dem unwissentlich leiblichen Vaters der eigentlich christlich geborenen Rachel. Im typischen schlichten französischen Arienstil erbat Sung Ha als Brogni mit tiefem, klarem Bass zu den Klängen von Hörnern und Harfen Gnade für die beiden Juden. Kaum aber verließ Brogni den Schauplatz, lechzte das Volk erneut nach Rache. Auch hier sorgte die Inszenierung für eine befremdliche, der Ernsthaftigkeit der Handlung unangemessene komische Brechung der Szenerie: Das im Libretto vorkommende Wort der Weihnacht zum Anlass nehmend, erschienen Rachel im Weihnachtsmann- und Éléazar im Nikolauskostüm – eine Darstellung, die in der Folter der beiden Verkleideten in einer mit Papierschnipseln gefüllten Badewanne ihren Gipfel erreichte. Kaum gegensätzlicher konnte die kurz darauf erreichte großartige Klangwirkung des ausgezeichnet vorgetragenen Festchores anlässlich der Ankunft des Kaisers sein. Der Chor verteilte sich, blaue Fähnchen schwingend, im Publikum, wodurch eine unvergleichliche Raumwirkung entstand.