Gleich mehrere Rahmenthemen umspannten diesen Konzertabend. Zum einen wurde der 70. Geburtstag des Komponisten Salvatore Sciarrino mit der deutschen Erstaufführung seines Stückes La nuova Euridice secondo Rilke gefeiert, und zum anderen war für den Abend das inhaltliche Motto „Musen, Götter, Helden” gesetzt. Letzteres war der Tatsache geschuldet, dass alle gespielten Werke auf in der Antike spielende Stoffe Bezug nahmen. Mit dem Dirigenten David Zinman und der Sopranistin Barbara Hannigan hatte das gastgebende NDR Elbphilharmonie Orchester überdies zwei Namen von internationalem Renommee eingeladen.
Das Programm begann mit Apollon musagète von Igor Strawinsky in kleiner, auf die Streicher reduzierter Besetzung und von David Zinman mit ruhiger Hand geleitet leicht und tänzerisch. Erster Solocellist Christopher Franzius zeigte ein präsentes Spiel und unterstütze so maßgeblich die strukturelle Darbietung des Stückes. Insgesamt aber agierten die Celli leider etwas leichtfertig und verpassten es, ihre eigenen rhythmischen Vorstellungen einzubringen. Ganz anders die ersten Violinen, die sich auffallend um Gleichgewicht bemühten und die gerade in den abwechslungsreichen Tutti-Stellen mit viel Gefühl zu Werke gingen. Besonders die Phrasenübergängen zwischen den Instrumentengruppen wurden nun interessant und doch flüssig gestaltet und alle Musiker schienen die Lust am gemeinsamen Spiel für sich zu nutzen. David Zinman blieb während des gesamten Stückes auffallend passiv, und ließ die Musiker frei gestalten und entscheiden.
Genau darauf schienen sich die Musiker auch beim Solo-Werk La nuova Euridice secondo Rilke von Salvatore Sciarrino zu freuen. Angelegt ist dies als Kantate, basierend auf zwei Gedichten von Rainer Maria Rilke, die wiederum auf dem Griechischen Mythos beruhen. Trotz dieser Grundlage realisierte der Komponist den Text auf Italienisch, da er seiner Muttersprache noch mehr Vielseitigkeit zutraute als den Originaltexten. Die Sopranistin Barbara Hannigan brachte aufgrund ihrer Mitwirkung bei der im Jahr 2015 in Rom unter Antonio Pappano gespielten Uraufführung ausreichend Erfahrung mit dem Werk mit. Trotz der Anlage als Kantate wirkte es an diesem Abend eher wie ein Rezitativ, und die Solistin arbeitete sich auch dementsprechend durch viel Text. Ihre bemerkenswerte Stimme stand wie eine Skulptur im großen Saal der Elbphilharmonie, und man konnte sich nur schwer ihrem Bann entziehen. Sie genoss es mit einem großen Dynamikumfang zu spielen, ließ immer wieder die Stimme aus dem Nichts auftauchen und mit ungeheurer Plastizität im Raum nach oben steigen.