Hilary Hahn zählt sicherlich eher zu der Gruppe von Musikern, die sich unprätentiös auf die Musik konzentriert. Im Finale zu Tschaikowski konnte man allerdings beobachten, wie die sonst so kontrollierte Hahn ihre Liebe zur Musik ganz offenlegte. Wie in einem Duell spornte sie Dirigent Leonard Slatkin und sein Orchestre National de Lyon zu einer energetischen Höchstleistung an. Das befreite Lächeln war dabei für das Publikum ebenso ansteckend wie die Musik selbst.
Allerdings war das fulminante Finale keine Überraschung, sondern Ergebnis einer konsequenten Interpretation, die einmal mehr von Hahns spieltechnischer Vielfalt zeugte. In der Münchener Philharmonie gestaltete sie Tschaikowskis Violinkonzert in D-Dur mit ihrem warmen Klang, der besonders davon lebte wie Hahn ihre Töne gestaltete. Denn sie ließ diese nicht nur in sanfter Weise entstehen, sondern entwickelte sie zu strahlendem Glanz weiter. Dies übertrug sich bei ihr auch auf die Gestaltung ihrer lyrischen Phrasen – unabdingbar für das melodienreiche Werk. So gelangen ihr diese Melodien als tiefgründige, packende Erzählungen, die neben klanglicher Brillanz gleichfalls melancholische Nachdenklichkeit beinhalteten. Besonders die Canzonetta lebt von diesen lyrischen Linien, die Hahn mit akribischen Variationen in der Dynamik belebte. Die expressiven, virtuosen Passagen des Finales bekamen bei Hahn eine unglaubliche Leichtigkeit und wirkten in ihrer spieltechnischen Klarheit.
Das Orchestre de Lyon, das unter der Leitung ihres scheidenden Chefdirigenten Slatkin begleitete, wirkte im Zusammenspiel mit Hahn zu Beginn noch etwas uninspiriert, entfaltete aber besonders in seinen Solo-Passagen des Kopfsatzes eine dramatische Kraft, die einen Vorgeschmack auf das fulminante Finale bot. So wirkte dieses wie eine Initialzündung für das Programm der zweiten Hälfte, das verschiedenen Orchesterwerken Ravel gewidmet war. Ein Repertoire, dem Slatkin in seiner Position als Chefdirigent bei den Lyonern eine Reihe von Einspielungen gewidmet hat.