Die maltesische Kultur ist reich an exotischen Einflüssen. Davon zeugt unter anderem auch das 1732 eröffnete Teatru Manoel in Valletta, in dem das von Flötist Alexis Kossenko gegründete Ensemble Les Ambassadeurs zusammen mit der auf Malta geborenen und in Paris beheimateten Sopranistin Claire Debono die Exotik Jean-Philippe Rameaus Opéra-ballets in Form eines Best of Drama im Rahmen des Valletta International Baroque Festivals präsentierte. Kurz vor Einweihung des Theaters hatte einem Bericht nach Vincent Arniaud, ehemaliger französischer Hafenkapitän von Malta, ein paar Meter davon entfernt zwölf türkische Sklaven freigekauft, die er dem großmütigen Herrscher Topal Osman überstellte. Daraus entwickelte Rameaus Librettist Fuzelier die erste Reise in Les Indes Galantes, Füllstoff für das stets regierte Liebesglück und erhoffte Versöhnungsgeschick gar unmöglicher Verbindungen. Viel Geschichte also, die dank einer gut durchdachten Dramaturgie an diesem Opernabend sehr abwechslungsreich daherkam.
Denn Kossenko sponn um die Auszüge aus Les Indes Galantes vierundzwanzig Nummern aus dreizehn Opern, die so passend zusammengestellt waren, dass alles durchaus wie ein Werk klang – eines, das dem Zuhörer sowohl die historische, menschliche, politische und naturalistische Wirklichkeit und Empfindung der Zeit als auch Rameaus Eigen- und Einzigartigkeit näher brachte. Ein wummernder Appell zur Jagd, ein Kugelhagel und ein höfisch-galant verspielter Blick ins Freie bestimmten den ersten Teil, den Les Ambassadeurs, gerade so untergebracht in diesem kleinen Schmuckstück an Theater, mit der dreiteiligen Ouvertüre von Zoroastre starteten. Nach einem kurzen Paukenvorschlag schritt nämlich die Jagdgesellschaft unter knackigen und fetzigen Spannungsakkorden der Streicher und Fagotte ein, der kontrastierende, liebliche Traversflöten die Tür öffneten, um mit dem Ruf der festlich-rituellen Jagdhörner und den wuselig-hölzernen Oboen losgelassen zu werden. Ein Dardanus-Ritournelle mit dunklem Grummeln der Pauken unterlegte die aufgebrachte Stimmung des Treibens, ehe Debonos noch verhaltener Sopran ein sehr getragenes Stoßgebet aus Les Surprises de l'Amour an Göttin Diana richtete.
Wehte mit den Streicher-Traversflöten-Triangel-Gavottes aus Hippolyte et Aricie ein feiner Wind um die Nase, brachte das eigentümlich näselnde Musette, der französische Dudelsack, den Schuss unverkennbare Exotik und Farbigkeit Rameaus Landmalerei ins Spiel, den erst Oboen, die kleinen und großen Bratschen, der Basso und Piccoli, dann in fließendem Übergang Fagotte, Violinen und Horn gediegen umschmeicheln sollten. Mit einem typisch mitreißenden, pfeifend-schmissigen Contredanse mit Tambourin und Schlagwerk sorgte das Orchester für eine große Prise Unterhaltung, mit dem unmerklich blitzschnellen Tausch Kossenkos auf seinem Podest vom Dirigenten zum Soloflötisten für eine Überraschung. In der intimen, innigen Wunschanrufung „Viens, Hymen“ erzeugte er zusammen mit den begleitenden Violinen eine zauberhafte Atmosphäre, in der Debono allerdings Mühe hatte, die hohen Töne vom Himmel zu holen.