Es gibt so viele lebende Komponisten; da gehört neben fachlicher Meisterschaft nicht nur Mut und Ausdauer, sondern auch viel Durchsetzungsvermögen und Glück dazu, um deren zeitgenössischen Kompositionen in Konzertsälen präsentieren zu können. Die junge finnische Komponistin Outi Tarkiainen wohnt im hohen Norden Lapplands und hat es trotzdem schon bis zu den BBC Proms geschafft. Nun wurde ihr neuestes Werk The Ring of Fire and Love von ihrem Landsmann Sakari Oramo und seinem Königlichen Philharmonischen Orchester Stockholm in einem Konzertprogramm mit dem Titel Reise um die Welt uraufgeführt.
In seiner kurzen Konzerteinführung verriet Oramo, dass der Titel von Tarkiainens Komposition für großes Orchester sich sowohl auf einen Ring von Vulkanen im pazifischen Ozean, als auch auf den gefährlichsten Moment während des Geburtsgeschehens bezieht. Tarkiainen ist Mutter und hat somit ihre eignen Erfahrungen in ihre Kompositionsarbeit eingebracht. Der Titel der gestrigen Uraufführung bezieht sich aber auch auf ein weiteres Naturereignis, nämlich den Moment während einer Sonnenfinsternis, in dem der Mond genau vor der Sonne steht. Diese Weltallerfahrung ist in Tarkiainens Stück am deutlichsten zu hören. Die Stockholmer Streicher zauberten zusammen mit Harfe und Celesta einen außerirdisch glasklaren Klangteppich, auf dem eine gestopfte Trompete und Flöten mit einfachen Melodien starke Fantasiebilder entwickelten. Tarkiainens Musik hat eine lebensbejahende Kraft und entfaltet sich in der vollen Bandbreite der dynamischen Extreme. In The Ring of Fire and Love schöpft Tarkiainen die klanglichen Möglichkeiten des klassischen Orchester unter Einbeziehung von vier Schlagzeugern perfekt aus. Man gönnt dieser Musik einen Siegeszug um die Welt!
Mit Arie, Rezitativ und Cabaletta der Anne Truelove aus der Oper The Rake Progress brachten die Stockholmer Musiker ihr Publikum als nächstes nach Venedig, wo Strawinskys von alten Kupferstichen inspirierte Oper 1951 uraufgeführt wurde. Die junge schwedische Sopranistin Johanna Wallroth hat eine imponierende Stimme, in der sich Temperament, Kraft und Sinnlichkeit vereinen. Die Rolle des immer noch optimistischen betrogenen Mädchens vom Lande sang sie mit wenig Theatralik, aber immens viel Überzeugungskraft. In Samuel Barbers rhapsodischem Knoxville: Summer of 1915 stellte Wallroth dafür ihre dramatischen Qualitäten umso überzeugender zur Schau. Selbst in den tiefen Registern klang ihre Stimme begeisternd warm und voll. Ihre hohen Melodietöne waren durchgehend ebenso bezaubernd und setzten den melancholischen Text des Pulitzerpreisträgers James Agee mit viel Liebe zum Detail in äußerst einschmeichelnde Gesangslinien um. Agees sehnsuchtsvolle Erinnerungen an eine glückliche Jugend bekamen bei Wallroth so viel Wärme und Geborgenheit, dass man diesem Schwelgen in Familienglück gern noch länger zugehört hätte.