Vor über zehn Jahren erschuf der musikalische Direktor Gustav Kuhn für ein paar Wochen im Sommer und ein paar Wochen im Winter ein Festival in der österreichischen Stadt Erl an der Grenze zu Deutschland. Umgeben von Bergen und Weideland mit Kühen bieten die Festivalhallen, die sich jetzt in zwei Gebäuden - eines weiß, eines schwarz - befinden, einen eindrucksvollen Anblick, im Hintergrund die atemberaubende Landschaft, wenn man im Zug auf die Stadt zufährt. In diesem Sommer präsentieren die Tiroler Festspiele Erl Wagners Ring-Zyklus gleich zwei Mal, einmal über zwei Wochenenden im Juli verteilt, und ein weiteres Mal im Laufe eines Wochenendes. Am Freitag Abend, dem Beginn des „Wochenend“-Rings, war der Saal voller gutgekleideter Wagner-Enthusiasten aus ganz Deutschland und anderen europäischen Ländern.
Die Vorstellung ist halb-konzertant, denn das Orchester sitzt am hinteren Bühnenrand auf abgestuften Podesten, vom vorderen Teil der Bühne, auf dem die Handlung stattfindet, abgeschirmt durch eine transparente Wand. Es ist mehr als beeindruckend, sechs Harfen auf oberster Stufe zu sehen, die Blech- und Holzbläser rechts darunter und die Streicher noch tiefer. Der Bildschirm hinter dem Orchester leuchtet in verschiedenen Farben - lila in der Szene der Rheintöchter, rot und orange als die Götter Valhalla betreten etc. Die Requisiten sind recht einfach, als die Oper beginnt, man sieht drei hohe Türme aus Leitern, gestützt und bewegt bei Herren in schwarz, von denen aus die Rheintöchter herab singen und Alberich necken. Das Gold wird durch eine geometrische Lichtinstallation dargestellt, die von der Decke herabgelassen wird. Die Götter erscheinen als wohlhabende amerikanische Familie, die mit ihren Cocktails in der Hand auf Strandstühlen lümmeln. Fasolt ist wie ein amerikanischer Football-Spieler gekleidet, Fafner tritt als Hockey-Spieler mit Schläger auf. Donner trägt ein Golf-Outfit, Froh ist ein Hammerwerfer, Wotan ein erfolgreicher Geschäftsmann und Loge sein Assistent, der sein Smartphone benutzt, um Nibelheim zu finden.p>
In der Nibelheim-Szene fahren auf jeder Seite fünf lange Metallstangen auf die Bühne, die ein wenig an die "Maschine" der Met erinnern und die Kulisse liefern. Eine Gruppe örtlicher Jugendlicher wurde als Nibelungen angeworben und schleicht mit Taschenlampen von der Seite herein, trägt das Gold und löst sich bei Alberichs Drohung geräuschlos auf. Es gibt kein prachtvolles Eintreten der Götter in Valhalla, aber die Schlussszene zeigt die Rheintöchter, die ihr Klagelied in mitten des Orchesters darbringen, wobei Wotan und Loge von einem Podium herunter singen.
Die musikalische Leistung an diesem Abend war von hoher Qualität, das Orchester spielte Wagners Musik oft wie zarte, lyrische Kammermusik mit feinen Details in den Streichern und den Holzbläsern anstatt einer voluminösen Zurschaustellung von Klang, die die Sänger übertönen könnte. Man vermisst zwar ein wenig den dynamischen und empathischen Rhythmus von Wagners Musik, vor allem in der letzten Szene, in der mehr bombastische Kraft sehr willkommen gewesen wäre, aber der Dirigent behielt ein recht zügiges Tempo bei, sodass es in der musikalischen Handlung keinen Stillstand gab. Die folgenden drei Opern würden jedoch mehr Farbe und sich wandelnde Betonung vom Orchester verlangen.