Für das zweite der Philharmonischen Konzerte der Saison, hat Fabio Luisi den Cellisten Jan Vogler verpflichtet. Letzterer konnte sich in der Orchestereinleitung von Dvořáks Cellokonzert mit der Akustik des gut besetzten Opernhauses vertraut machen: bereits das einleitende Klarinettensolo demonstrierte die analytische, trockene Direktheit und Präsenz des Raums. Luisi weiß diese Charakteristiken zum Zweck deutlicher Phrasierung und Gliederung zu nutzen. Seine Stärke liegt in detaillierter, ausgezeichnet dosierter Dynamik. Gleichzeitig achtete er darauf, dass die Artikulation nicht zu breit wurde, die Transparenz jederzeit gewährt blieb.
Luisi ließ den Bläsern Raum zu ausdrucksvoller agogischer Gestaltung ihrer Soli ohne dabei Gefahr zu laufen, dass die Musik schwülstig klang: eindrücklich und berührend schon das erste Auftauchen des „böhmischen“ Themas im Horn, später in Oboen und Klarinetten. Mit dem Eintritt des Solocellos änderte sich der Eindruck; nicht nur, weil die Aufmerksamkeit jetzt primär dem Solisten galt. Vogler spielte speziell den Beginn seines Parts ausgesprochen dezidiert, die kleinen Notenwerte betonend, lange Noten bewusst ausspielend. Ab und an litt darunter jedoch der musikalische Fluss. Eher enttäuscht hat mich der Klang seines Stradivari-Cellos. Das Instrument trug zwar gut, hatte selten Probleme, sich im Zusammenspiel zu behaupten, aber es tönte zugleich etwas matt, leicht näselnd; angelegentlich fiel mir auch eine leichte Tendenz zu tiefer Intonation auf. In Sachen Agogik und Rubato wollte sich zwischen Solo und Begleitung keine rechte Harmonie einstellen. Vogler zeigte in seinen unmittelbaren, fast brüsken Änderungen im Zeitmaß (beispielsweise im Übergang zu arpeggierenden Begleitfiguren) wenig Sinn für die Subtilität in der Tempodisposition des Dirigenten. Anderseits war dann das Dolce e molto sostenuto im Solopart wunderbar elegisch und singend gestaltet.
Auch in den Folgesätzen stellte sich kein harmonischer Einklang zwischen Orchester und dem Cellisten ein. Die Koordination schien einer konstanten, bewussten Anstrengung seitens des Dirigenten zu bedürfen. Die Atmosphäre im langsamen Satz blieb eher nüchtern, und ich hatte nicht den Eindruck, dass das Orchester mit Enthusiasmus bei der Sache war. Im Finale passierten dem Solisten neben Intonationstrübungen einige Patzer und Oberflächlichkeiten. Es fehlte der böhmische Schwung, jenes lebendige Spiel mit Agogik und Rubato.
Als Zugabe wählte Jan Vogler die Sarabande aus der Dritten Cellosuite in C-Dur von Bach. Das Zeitmaß schien zwar langsam genug, dennoch ließen einzelne Phrasen die Ruhe, den kontemplativen Charakter der Musik vermissen, und gleichzeitig mangelte es der Interpretation irgendwie an Tanzcharakter, am Ausschwingenlassen der gemessenen Rhythmen.