Vermitteltes vertiefter zu erfahren, gelingt entweder über praktisches Erleben oder die Kreativität des Imaginären. Was heute unverändert gilt, bedeutete für vormalige Zeiten, bei Zugehörigkeit zum Adel seine Erziehung mit einer Grand Tour abzuschließen; für die Bürgerlichkeit, sich Kontinent, Kultur, Geschichte und Sprachen durch gedruckte und erzählte Inhalte einzuprägen. Oder, wenn man auf einen musischen Lehrer trifft, eben durch mehr. So geschehen am Gymnasium Andreanum Hildesheim, an dem Direktor Losius den eigentlich trockeneren Unterricht zur Weitergabe von Wissen über die Welt durch die Didaktik des Gesangs, Theaters, der Dichtung und Konzerte gestaltete. Seinem Schüler Telemann gab er dadurch jedenfalls gehörige Anregung und Unterstützung, dem eigenen musikalischen Talent nachzugehen. Solches, das ihn zum angesehensten Komponisten Europas werden ließ, der just die Geografie und ihre historischen Eigenheiten durch Musikstile versatil in Noten setzte.
Ein Kompendium aus jenen von Telemann in zahlreichen originellen Suitensätzen verfassten Noten, denen der Musikwissenschaftler Adolf Hoffmann teils noch Länder, Fürstentümer und Regionen zuwies, wurde von diesem 1959 unter dem Namen Klingende Geographie erstellt, nachdem er die Singende Geographie aus 40 von Losius gereimten Liedern veröffentlicht hatte, die von Telemann für das Erdkundelehrbuch des Hildesheimer Direktors mit passender Musik unterlegt worden waren. Mit der Hälfte der Klingenden Georgraphie gingen Interpreten und Publikum auf musikalische Grand Tour im Programm Concerto Kölns und Max Volbers' beim Eröffnungskonzert des Internationalen Holzbläser-Festivals im Münsterland, Summerwinds; und zwar von Schottland über Mittel- West- und Südeuropa bis zum europäischen Teil der Türkei und Afrika.
Von gewitzt, folkloristisch, geschäftig, bedeckter und diplomatisch über stolz, ehrwürdig und erhaben bis zu launig und wuselig trafen die unterschiedlichen Akzente der vorgestellten Ecken und Völker auf die übersetzende Brillanz Concerto Kölns, das die Ausdrücke mit der Bewegungsvorgabe Konzertmeisterin Anna Dmitrievas und dem ensembleeigenen, phrasierungs- und rhythmusversierten Commitment in kraftvolle wie delikate Körperlichkeit verwandelte. Dabei wusste es zudem mit der Kirchenakustik durch angepasste Artikulation und Dynamik umzugehen und die ausgezeichnete Balance zu wahren. Ebenfalls speziell jene dann mit Solist Volbers, gebürtiger Münsteraner, der das Hauptzielland jeglicher Rundreise, Italien, in vier Konzerten für und mit der Blockflöte sowie deutschen und englischen, neapolitanischen und venezianischen Einschlägen vor geistiges Auge holte. Ensemble und direkt Betroffene ließen sich darin auch nicht durch den zwischenzeitlichen Saitenriss bei der Stimmführerin der zweiten Violinen, Justyna Skatulnik, aus ihrer beeindruckenden Souveränität bringen.