Trevor Pinnock und das Kammerorchester Basel begannen beide Konzerthälften mit einem Rückbezug auf Bach. Am Anfang stand Regers Orchesterfassung von „O Mensch bewein Dein’ Sünde groß” – feierlich, schlicht, getragen, romantisch-langsam, mit feiner dynamischer Abstimmung, in sachten Steigerungswellen, dennoch nicht übermäßig süßlich. Die Noten sind ausschließlich Bach, bis auf den Schluss, wo Reger auf ein, zwei typische Vorhalte nicht verzichten wollte.
Mit Beethovens Violinkonzert in D-Dur änderte sich der Charakter der Musik fundamental. Auch mit modernem Instrumentarium vermochte Trevor Pinnock als Experte historisch informierten Musizierens eine Klangsprache im Sinne des Komponisten umzusetzen, unauffällig in der Tempowahl. Die Ansprache war direkt, nie grob, die Artikulation leicht, die Dynamik sorgfältig. Nach der Orchestereinleitung lag das Augenmerk auf Vilde Frang, deren Geige (Vuillaume, 1864) selbst im feinsten Pianissimo bis in die hinterste Ecke des Saals trug und die Solistin hatte nirgends Probleme, sich gegenüber dem Orchester durchzusetzen. Das Bemerkenswerteste war jedoch die Gestaltung des Soloparts: faszinierend, wie Frang jeden Takt agogisch lebendig ausgestaltete, selbst in schwachen Taktteilen Energie zu schöpfen schien, Spitzennoten oft energisch hervorhob, vor Schwerpunkten leicht verzögerte – ein aktives, impulsives, schwungvolles Spiel. Nichts war nebensächlich oder oberflächlich, verlor sich aber bei aller motivischen Gestaltung nicht im Detail, sondern arbeitete sich konsequent zum Höhepunkt großer Phrasen vor. Die Intonation war glockenrein bis in höchste Regionen. Die Kadenz nutzte die Solistin nicht zu Selbstdarstellung, sondern spielte aus der Kreisler-Kadenz nur die Rahmentakte, die sie lyrisch, sorgfältig, fast bescheiden interpretierte. Das Larghetto war bewusst ruhig gestaltet, Vilde Frang behielt aber auch hier den „motivischen Schwung“ bei, setzte das Vibrato gezielt ein, zog sich am Schluss bis ins feinste ppp und darunter zurück. Während sie bis dahin ganz auf Trevor Pinnocks kongeniale Begleitung vertraute (und dabei stets Kontakt mit dem Orchester hielt), übernahm sie im Rondo weit mehr die Kontrolle, bestimmte das Tempo und den Impuls mit energiegeladener Artikulation. Eine meisterhafte Interpretation, selbst ohne revolutionäre Ansätze und virtuose Exzesse.
Matthias Arter (*1964) ist in seinem Aquarell sehr behutsam mit Bachs Ricercar à 6 aus dem Musikalischen Opfer umgegangen. Das Original erklingt als melodisches und harmonisches Gerüst weitgehend unverändert, Arters Bearbeitung liegt – wie der Titel schon andeutet – in den Klangfarben, den klanglichen Verfremdungen. Da werden die vier Anfangsnoten des „königlichen“ Themas mit gerissenen Pizzicati, unterstützt von der Perkussion, scharf markiert, wie um den Rahmen des Bildes zu umreißen. Danach dominieren ätherische Töne, sanft an- und verklingende Noten, die wie Wasserfarben ineinanderfließen – Bachs Musik hinter einem transparenten Schleier. Das Ätherische wird noch verstärkt durch Pianissimo-Tremoli, das mit Bogen gestrichene Metallophon und den sordinierten Klang des Fernorchesters.