Denkt man an vordergründig gesellschaftskritische und politische Opern, denkt man zunächst an verstaubte Themen, Tuberkulose oder historische Ereignisse, wenn man nicht auf die Dreigroschenoper kommt. Ernst Křenek stellte die Figur des Diktators aber schon 1928 auf die Bühne. Es dauerte nicht lange, bis die Nationalsozialisten den Komponisten einengten, als entartet darstellten und Křenek 1938 in die Vereinigen Staaten emigrierte. Seine Drei Opern (Der Diktator, Schwergewicht oder Die Ehre der Nation und Das geheime Königreich) fanden den Weg aus den 20er Jahren auf die Bühne der Oper Frankfurt. Gesellschaftskritisch verankert sind sie nicht nur durch die Regie (David Hermann), sondern hauptsächlich durch Křenek selbst, der auch das Libretto für diese Werke schrieb.
Drei Werke, zweieinhalb Stunden, eine Pause. So einen schnellen Abend erlebt man auch nicht jeden Tag in der Oper. Und auch die Handlungen auf der Bühne mit zahlreichen Terzetten und Quartetten ließen die Musiker und Sänger Geschwindigkeiten spüren, die nicht so leicht zu zügeln waren. Vielleicht lag das an dem Handlungsrausch, wenn mehrere Figuren ihre Texte ineinander weben und dabei spielerisch agieren müssen, oder aber auch daran, dass so manch eine Partie nicht mit gewohnter Präzision des Frankfurter Opernhauses aufgeführt wurde. Křenek hätte das wahrscheinlich weniger gestört, denn er sah die Gattung Oper mehr als theatral denn musikalisch an: Sie als Gesamtkunstwerk zu verstehen, in der Spiel, Licht und Formen nicht als außermusikalische Störfaktoren, sondern als dem Erlebnis zuträglich verstanden werden, zeichnete seinen außergewöhnlich offenen Umgang mit der Traditionsgattung aus.
Mehrere Figuren bildeten eine Gesamtnarration in den drei Werken. Eine davon war Der Diktator/Der König, gesungen von Davide Damiani, der sich den musikalischen und darstellerischen Anforderungen zuerst ausliefern durfte. Über den gesamten Abend zeichnete ihn eine kohärente und klare Interpretation aus. Als Diktator hörte man den Wahn mit einer etwas hölzernen und kühleren Stimmfarbe heraus, die später als dahingeraffter König zu einem wärmeren und emotionalen Ton führte, der sich glaubwürdig fragen durfte, ob der Sinn des Königs als Anführer eines Volkes oder doch lieber als komische Trauerfigur des verzauberten Waldes besteht.
Die Konterpartie gestaltete Sara Jakubiak, die Frau eines im Krieg erblindeten Offiziers (Vincent Wolfsteiner), die gemeinsam den Diktator stürzen wollen. Vom ersten Moment an präsent und klar, stimmlich wie schauspielerisch, lieferte sie ihre Interpretation scheinbar ohne die sonst typische und zurückhaltende Premieren-Sicherheit ab und bestimmte mit einer stimmlichen Präsenz vor der Musik den Werdegang ihrer tragischen Figur im wallenden, nachtblauen Kleid. Dieser Tragik war die überzogen dargestellte Frau des Diktators, Charlotte (Juanita Lascarro), ausgeliefert. Die Rolle der efiersüchtigen und überdramatiesierenden Frau interpretierte Lascarro mit einem hellen und gläsernem Timbre.