Umjubelt ging der Vorabend von Richard Wagners Ring in Budapest zu Ende. Bereits im zehnten Jahr veranstaltet der Kunstpalast der ungarischen Hauptstadt (Müpa) unter der künstlerischen Leitung von Ádám Fischer hier ein kleines Wagner-Festival. In dessen Rahmen wurden bisher alle klassischen Werke des Bayreuther Meisters aufgeführt, die auch regelmäßig im Festspielhaus am Grünen Hügel gespielt werden. Ein Hauch von Bayreuth wehte denn auch an der Donau, als die Fanfaren vom Balkon dieses modernen Baus dreimal zum Beginn der Vorstellung riefen. Aber es gibt hier keinen verdeckten Orchestergraben, keinen Vorhang und eben keine Bühne. Im Müpa wird Wagners groß angelegtes Bühnenfestspiel in einem Konzertsaal gegeben, auf einem Podium von überschaubaren Ausmaßen.
Dass diese Version keineswegs zu einer trockenen, „bloß“ konzertanten Vorstellung erstarrte, ist einem innovativen Konzept zu verdanken, das geschickt die Notwendigkeit einer konzertanten Aufführung mit den Chancen der Videotechnik verbindet. Bereits im Rheingold wird deutlich, dass dieser Ansatz aufgeht und die Budapester Wagner-Aufführungen durchaus als Alternative zu Bayreuth gelten dürften, wo sich mittlerweile viele Wagnerianer wegen der konzeptionell als überambitioniert empfundenen Inszenierungen mit Grausen abwenden – zumal hier in Budapest auch die musikalische Besetzung des Rings höchstes Niveau verspricht. So drehten sich im Kulturzentrum viele Gespräche bereits des ersten Abends um diesen Eindruck, hier wohl den „reinen Wagner“ präsentiert zu bekommen.
Tatsächlich macht es die Budapester Präsentation in dem Konzept von Hartmut Schörghofer dem Publikum leicht, Zugang zu Wagners verzweigter Mythologie zu finden. Im Rheingold wird die Handlung so schlüssig erzählt als wäre sie eine Saga der Jetztzeit. Die Sängerinnen und Sänger tragen moderne Konzertgarderobe, spielen aber ihre darstellerischen Fähigkeiten höchst präsent aus. In einer weiteren Dimension wird im Hintergrund auf einer Projektionsfläche die Handlung illustriert und kommentiert, stellenweise ergänzt durch eine Tänzergruppe.
„Auf dem Grunde des Rheins“ beginnt es überraschend: Was nämlich bei Wagner als reine, intakte, wenn auch schroff wilde Natur verstanden wird, ist hier eher eine von allerlei Umweltschmutz trüb gewordene Brühe, in der drei Rheintöchter allerdings anmutig schwimmen, vorne ganz großartig gesungen von den drei Solistinnen. Wenn das Rheingold zum ersten Mal aufscheint, flackern im Wasser goldene Zungen und mit dem Orchester zaubert Adam Fischer irisierende Klangfarben, die sich in der einzigartigen Akustik des Saales zu schier impressionistischem Raumklang ausbreiten. Überhaupt nutzt der Dirigent all seine Wagner-Expertise zu hochdifferenzierter Gestaltung der Partitur zu einem spannungsgeladenen Fluss des symphonischen Geschehens und peitscht an den richtigen Stellen die Musik zu starker Dramatik auf, wie bei Alberichs Fluch, nachdem Wotan ihm auch noch den Ring gewaltsam vom Finger gerissen hat.