Hört man Mozart, so denkt man unweigerlich an Wolfgang Amadeus, das Wunderkind, den Lebemann, den viel zu jung Verstorbenen. Nun war sein Vater, Johann Georg Leopold Mozart, keineswegs ein so bekannter Komponist, obwohl sein kompositorisches Schaffen mit Serenaden, Oratorien, Symphonien und zahlreichen liturgischen Werken (und erstaunlich wenig für „sein“ Instrument, die Violine) ein breites Spektrum umfasst, doch auch er hat - abgesehen von seinem berühmten Sohn - weitere deutliche Spuren in der Musikgeschichte hinterlassen.
1719 in Augsburg geboren, ermöglichte der Wohnort und der Beruf seines Vaters (er war Buchbinder) der Familie beständigen, engen Kontakt zu geistig und künstlerisch aufgeschlossenen Persönlichkeiten, was möglicherweise auch der Grund war, aus dem der junge Leopold das Gymnasium und das anschließende Lyzeum besuchte und dort neben einer umfassenden humanistischen Bildung auch Förderung im künstlerisch-musikalischen Bereich erfuhr. Diese Ausbildung gab ihm ihm die Möglichkeit eines weit mehr als standesgemäßen Bildungsaufstiegs und eines Studiums in Salzburg.
Seit frühester Kindheit hatte er außerdem musiziert, sei es als Sängerknabe, Organist oder Violinist. Als solcher würde er viele Jahre später in die Salzburger Hofkapelle aufgenommen werden, wo er nach und nach in der Hierarchie aufstieg und auch die Kapellknaben im Violinspiel unterrichtete. Spätestens dort könnte sich die Notwendigkeit eines veröffentlichten Lehrwerks für das Instrument bemerkbar gemacht haben, und in Wolfgang Amadés Geburtsjahr schließlich veröffentlichte er die erste Ausgabe. Diese hat er „nicht nur zum Nutzen der Schüler, und zum Behufe der Lehrmeister geschrieben“, sondern auch, um „all diejenigen zu bekehren, die durch ihre schlechte Unterweisung ihre Lehrlinge unglücklich machen; weil sie selbst solche Fehler an sich haben, die sie, wenn sie nur ihrer Eigenliebe auf eine kurze Zeit entsagen wollten, gar bald erkennen würden“ - ein sehr pädagogischer Gedanke, wie man ihn vielleicht zu dieser Zeit noch lange nicht erwartet.
Das Lehrwerk als solches befand sich nach seiner Veröffentlichung in bester Gesellschaft: Die 1750er Jahre sahen in Europa eine Vielzahl von Unterrichtswerken in Druck erscheinen. In Deutschland waren mit Emanuel Bachs Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen und Johann Joachim Quantz' Versuch einer Anweisung die Flöte traversière zu spielen bereits bedeutende Werke für andere Instrumente erschienen, und es wunderte ihn „oft recht sehr“, wie er im Vorwort beschreibt, dass in all den Jahren für ein „bey den meisten Musiken fast unentbehrliches Instrument, als die Violin ist, keine Anweisung zum Vorscheine kommen wollte.“
Obwohl sie sich an Schüler wie Lehrmeister richtet, beginnt die Einleitung in seine Violinschule ganz am Anfang, mit einer umfassenden Beschreibung des Instrumentes, seiner Herkunft, seiner verschiedenen Erscheinungsformen, seines Aufbaus sowie einem Versuch einer kurzen Geschichte der Musik. Als erste Lektion muss sich der Schüler mit Notationssystemen, Taktmaß sowie den italienischen Satz- und Tempobezeichnungen auseinandersetzen, und es wird, vielleicht zum ersten Mal, deutlich, dass sich das Regelwerk tatsächlich an Nutzer wendet, die das Instrument bereits beherrschen – wenn vielleicht auch mit schlechten Angewohnheiten. Die sollen jedoch im folgenden Kapitel, Wie der Violinist die Geige halten, und den Bogen führen sollte, mithilfe von anschaulichen Illustrationen sogleich ausgetrieben werden. Das auch dieser Abschnitt bis heute Gültigkeit besitzt, zeit ein Kommentar über das Kippen des Bogens zur Seite, sodass die Musiker „mehr mit dem Holze als mit den Pferdehaaren geigen“ - ein Fehler, der sich hartnäckig über die Jahrhunderte gehalten zu haben scheint.