Die Ergebnisse sind da: Wir können heute die jährlichen Bachtrack-Statistiken für 2022 bekannt geben, und es gibt einige überraschende Erkenntnisse.
Als größte Website für klassische Musik bietet Bachtrack einen wertvollen Einblick in die Welt der klassischen Musik – wie sie sich Jahr für Jahr verändert und wie sie auf die enormen Herausforderungen reagiert hat, die das Coronavirus mit sich bringt. Die Statistiken zeigen auch, dass die Welt der klassischen Musik auf den Druck zur Verbesserung der Geschlechterparität und der Inklusion zu reagieren scheint.
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Im Jahr 2022 haben wir 27,124 verschiedene Veranstaltungen gelistet. Darunter befinden sich rund 14,000 Konzerte, 9,000 Opernvorstellungen und fast 4,000 Tanzaufführungen. Im Jahr 2019 haben wir 34,648 Veranstaltungen gelistet – und obwohl die Anzahl der Veranstaltungen in diesem Jahr rund 20% geringer ist, zeigt dies, dass die Welt der klassischen Musik allmählich wieder das Niveau der Zeit vor Covid erreicht.
Das sind Hunderte von Veranstaltungen an zahlreichen Orten, die es uns ermöglichen, statistisch signifikante Beobachtungen für die USA, das Vereinigte Königreich und Länder in ganz Europa zu machen.
Musik des 20. Jahrhunderts und zeitgenössische Musik
Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus den diesjährigen Daten ist, dass Musik des 20. Jahrhunderts an den meisten Orten der Welt mit größerer Regelmäßigkeit aufgeführt wird. Maurice Ravel und Richard Strauss sind beide in den Top Ten der meistgespielten Komponist*innen des Jahres vertreten und konnten einige Plätze gutmachen. Ebenfalls gut abgeschnitten hat in diesem Jahr Mahler, der sich um sechs Plätze verbessert hat und nun knapp außerhalb der Top Ten liegt. (Mendelssohn Bartholdy und Haydn sind beide um die gleiche Anzahl von Plätzen zurückgefallen).
Ravels La Valse erwies sich im Jahr 2022 als äußerst beliebt und belegte den ersten Platz der meistgespielten Werke. Es hat einen außergewöhnlichen Aufstieg erlebt – 2019 lag es auf Platz 92! Ravels Boléro ist zwar nach wie vor ein beliebtes Orchesterwerk, liegt aber nur auf Platz 40 der meistgespielten Werke. Das Klavierkonzert G-Dur, das ebenfalls ein gutes Jahr hatte, rangiert dagegen auf Platz 12.
Unter den 100 meistgespielten Werken befinden sich 19 Kompositionen aus der Zeit nach 1918, mehr als in jedem anderen Jahr. Weitere erfolgreiche Komponist*innen des 20. Jahrhunderts sind in diesem Jahr unter anderem Schostakowitsch, der mit fünf Werken unter den Top 100 vertreten ist.
Wir können Tendenzen in verschiedenen Ländern ausmachen. Einige konservativere Musikzentren wie Österreich und die Schweiz programmieren mehr Musik des 20. Jahrhunderts – prozentuell gesehen mehr als Frankreich und Deutschland. (Auch in Japan wird vermehrt Musik des 20. Jahrhunderts gespielt, aber da Bachtrack nur relativ wenige Konzerte in Japan auflistet, haben wir diese in unserer Infographik nicht berücksichtigt).
Andere Länder wie Frankreich und Deutschland, die bei der Programmgestaltung von Musik des 20. Jahrhunderts hinter anderen Ländern zurückbleiben, bleiben weitgehend unverändert. Das Vereinigte Königreich schneidet besser ab, liegt aber auch hinter den Niederlanden und den USA zurück. (Ungarns Musikprogramm scheint sich in eine konservative Richtung zu bewegen – was angesichts des derzeitigen politischen und kulturellen Klimas vielleicht nicht überrascht).
Die Tatsache, dass in Frankreich und Deutschland weniger Musik des 20. Jahrhunderts und weniger lebende Komponist*innen auf dem Programm stehen, ist etwas, das das Publikum in diesen Ländern berücksichtigen muss. Die Auflistungen von Bachtrack konzentrieren sich hauptsächlich auf größere Musikorganisationen und umfassen daher keine kleineren Konzertreihen oder Festivals für zeitgenössische Musik. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Orchester in einigen Ländern stärker für die Aufnahme zeitgenössischer Musik und der Musik des 20. Jahrhunderts in ihr reguläres Programm einsetzen, während dies in anderen Ländern nicht der Fall ist. Es bleibt abzuwarten, ob der öffentliche Druck zu Änderungen in der Programmgestaltung und zu einer größeren Geschlechterparität bei den von deutschen und französischen Orchestern aufgeführten Komponist*innen führen kann.
Diese allgemeinen Muster wirken sich auch auf die Aussichten der einzelnen lebenden Komponist*innen aus. Im Jahr 2022 hatten 106 lebende Komponist*innen mehr als acht Aufführungen auf Bachtrack. Arvo Pärt führt die Liste mit 182 Aufführungen an. Neben Pärt wird die Liste jedoch von Komponist*innen aus den USA und dem Vereinigten Königreich dominiert: 27 Amerikaner*innen und 24 Brit*innen haben es in die Liste geschafft. Im Vergleich dazu finden sich nur acht französische und fünf deutsche lebende Komponist*innen auf der Liste.
Auch die Geschlechterparität unter den lebenden Komponist*innen verbessert sich deutlich – zumindest unter Amerikaner*innen und Brit*innen. Von den 24 britischen Komponist*innen auf der Liste der 106 meistgespielten lebenden Komponist*innen sind 12 Frauen. Von den 27 amerikanischen Komponist*innen auf der Liste sind zehn Frauen. Auch bei der Anzahl der Aufführungen stehen Komponistinnen ganz oben auf der Liste – unter den 20 meistgespielten lebenden Komponist*innen sind neun Frauen. (Im Jahr 2019 war es nur eine. Diese Situation hat sich in den letzten Jahren stark verändert – 2013 gab es unter den 200 meistgespielten lebenden Komponist*innen überhaupt keine Frauen).