So geschickt Tabea Zimmermann mit ihrer Bratsche agiert, so weitsichtig versteht sie es, im großen Beethoven-Jubiläumsjahr nun dadurch fast seine gesamte Kammermusik im Rahmen der BTHVN Woche darbieten zu können, dass sie als künstlerische Leiterin in den vorherigen Ausgaben nur ein Fokus-Stück des Bonner Heimatkomponisten mit Werken anderer beleuchtete. Beethoven Pur also für die Feierlichkeiten, wobei die kürzlich zur Ernst-von-Siemens-Preisträgerin Erkorene der neuartigen Verknüpfung treu blieb, nur in anderer Hinsicht: denn wenn schon nicht die Komponisten im Programm variieren, dann innerhalb eines Abends ihre Interpreten selbst.
Unterschiedlich „unisono“ historisch-praktisch sollten das Freiburger-Londoner Trio aus Anne Katharina Schreiber, Jonathan Cohen und Kristian Bezuidenhout sowie das Chiaroscuro Quartet das mehrfache Wechsel-Dich-Spiel vollziehen, bei dem man sich glücklicherweise nicht des Eindrucks erwehren konnte, dass Beethoven im doch ach so seriösen Rahmen einfach mal lachen und Spaß haben wollte. Steven Isserlis twitterte vor kurzem nämlich dazu passend, man solle über die politische, revolutionäre Figur nicht Beethovens unwiderstehlichen Humor und die Zärtlichkeit vergessen.
Letztere trat in den zierlichen, agogisch nachdenklich verschobenen Piani zutage, den dezenten Tupfern oder dem scheinbar gemütlichen Verschnaufer-Ständchen des Op.18 Nr.2, dem das Chiaroscuro Quartet ansonsten die crescendo-Wellen und weiteren dynamischen subito- und sforzato-Spielereien staunend entlockte, die in den derben Anstrichen samt den abrupten Enden der Läufe für die lustigen Blitzer der Augen und Mundwinkel sorgten. Hatte im eigentlich erwartbaren langsamen Satz Beethoven bereits einen allegrierten Lachanfall für das „unerträglich“ ernst genommene Schauspiel eingebaut, steigerte das Quartett mit dem feurigen Insichhaben Alina Ibragimovas das Scherzo zu einem scharfen, maximal melodisch verspielten Wortgefecht. Dessen Ausreizungen mündeten nach dem wieder aufgegriffen sachten Beginn im Prestissimo-Finale in einem ausartend munteren Palawer mit kräftigem Überraschungsanstoß, schrägen Einwürfen und ensemblebegeistertem An-den-Kopf-Knallen. Es verleitete gar zur Vorstellung, dass sich die Gesellschaft in den kurzen leisen Unterbrechungen schicklich zurückhielt, wenn die Cafébedienung und Hausdame vorbeikam, um danach mit tosenden Seitenrufen weiterzudiskutieren und -faxen. Köstlich!
Unbedingt weiterschmunzeln musste man beim Gassenhauer-Trio, als vor allem Cohen am Cello nicht nur mit Bogengestik, sondern auch mit lässig-schalkhafter Divo-Neid-Mimik sich gegenüber der championiert auftrumpfenden Geläufigkeit und Klarheit Bezuidenhouts am Hammerflügel meldete, nachdem zuvor Schreiber bereits mit deutlich phrasierungsvorgebendem Ton der charmant rauen Geige den Kopf neigte. Überließen die Streicher trotz inbrünstig garnierter Begleitung dem Fortepiano mal versöhnlich das hübsche Kantable der rührenden Mittelsatz-Melodie (da ist sie ja auch wieder!), folgte im Allegretto das namensgebende Miteinanderflöten des Wiener Ohrwurms „Pria ch'io l'impegno“ aus Joseph Weigls Der Korsar aus Liebe. Mit Bezuidenhouts Hämmern gab es erst ein wenig Wienerisches und opernitalienisches Drama, schließlich Rausschmeißerisches, mit synkopisierten Strichen Kratzbürstiges, ehe Beethoven nach zusammenreißender Final-List richtig veralbernd prustete.