Kent Nagano führte die Göteborger Symphoniker durch einen Abend des Freiheitskampfes. Ein musikalischer Kampf war es natürlich, in dem ein mächtiger Schlag dem anderen folgte. Sibelius' Finlandia machte den Anfang. Dieses heute so bekannte Werk hat einen bedeutenden Hintergrund. Als sich die Finnen Anfang des 19. Jahrhunderts gegen den Einfluss des russischen Reiches zu wehren begannen, taten sie das mit Maßnahmen wie ihren „Pressefeiern“. Diese Veranstaltungen waren ein Protest gegen die Schikane der Presse und sollten das nationale Bewusstsein stärken.
Jean Sibelius komponierte 1899 eine Suite für diesen Zweck, deren letztes Stück besonderen Anklang bei den Zuhörern fand. „Finnland erwacht“ hat er es treffend betitelt, und diese Urfassung des Stückes wurde zu einer geheimen Nationalhymne der Finnen. Eine große Wirkung, wenn auch von anderer Natur, hatte das Werk an einem grauen Abend im Göteborger Konzerthaus. Kent Nagano trennte geschickt die hellen und dunklen Nuancen dieses Werks. Mächtig und breit ließ er das Blech auftreten, umarmt von den weiten Bögen der Kontrabässe. Eine eintönige herbe Schönheit tat sich auf, die langsam von hellen Tönen der Holzbläsern erleuchtet wurde. Im Mittelteil erstrahlte die Melodie dann mit so viel überquellender Emotion, dass man nur mehr den warmen Charakter des kalten Nordens spürte.
Als nächstes betrat der Grund für einen restlos gefüllten Saal die Bühne: das Jungtalent Kit Armstrong. Sein Debüt in Göteborg gab er mit Beethovens Drittem Klavierkonzert in c-Moll. Als „Pianist mit mathematischer Präzision“ wurde er angekündigt und nicht umsonst hat er diesen Ruf, besitzt er neben seinem großen musikalischen Talent doch auch eine Leidenschaft für Zahlen. Diese Liebe zur Struktur war während des ganzen Konzertes zu spüren. Schon in der Einleitung, in der das Klavier noch schweigt, achtete Nagano penibel auf alle Anweisungen in Dynamik und Tempo und legte damit einen wohlgeordneten Grundstein für die Klavierstimme.
Der Solist setzte mit wuchtiger Kraft ein, die man der zarten Gestalt gar nicht zugetraut hätte, und das Klavier beherrschte mit unbestreitbarer Präsenz und mit starkem Ausdruck den weiteren Verlauf des Allegro. Einen Höhepunkt bescherte die Kadenz im selben Satz. Mit nur zwei Händen schien er eine Unzahl an Schichten heraufzubeschwören, die nie zu stocken begannen, sondern sich immer weiter ineinander schlangen. Mit einer bewegenden Leichtigkeit rieselten dabei die Finger über das Schwarz und Weiß seines Instrumentes.