Mit japanischem Regisseur, italienischem Dirigenten und Sängern von Korea bis Schweden gelang mit großem Erfolg eine multikulturelle Aufführung in der diesjährigen Produktion der Madame Butterfly, für die das Produktionsteam der Oper in Göteborg Puccinis zweite Fassung seines Werkes aus Brescia wählte. Im Vergleich zur Urfassung unterteilte der Komponist die Geschichte hier in drei Akte und schrieb dem „Helden“ Pinkerton eine Arie für seine Rückkehr nach Japan, um auch diese Rolle noch genauer zu charakterisieren. Diese Änderung macht aus dem Marineoffizier nicht nur einen selbstsüchtigen Macho, sondern bringt zum Ende hin auch die Reue für seine Taten ans Tageslicht.
Die Entwicklung der Charaktere stellt auch Regisseur Yoshi Oïda in den Mittelpunkt. 1933 in Kōbe geboren, wurde er schon früh mit dem Einfluss der Amerikaner auf seine Heimat, ein zentrales Thema der Butterfly, konfrontiert. Als der Amerikaner Pinkerton seine japanische Braut kennen lernt, hüllt er die Szenerie in ein Meer aus Blumen und Papierkunst. Bunte Farben dominieren und lassen die Aufregung der jungen Geisha und die Begierde des Offiziers noch deutlicher aufleuchten. Doch das Spektakel ist nicht von langer Dauer. Schon im zweiten Akt ist die Szene stark verändert: die Pflanzen haben ihre Blüten und Blätter verloren, die Gewänder ihre Farben und die Gesichter ihr Lachen. Die neue Umgebung ist die Oper Göteborg selbst und durch die Gegenwärtigkeit der Szene will Oïda uns die Geschichte noch näher bringen. Noch einen Schritt weiter geht es im finalen Akt: bis auf die nötigsten Requisiten ist nichts mehr übrig geblieben. „Wir wollen Ihnen helfen zu phantasieren“, erklärt der Regisseur. Das spartanische Bild zwingt mich dazu, auf die kleinen Dinge zu achten: jede Geste der Figuren, jeder Atemzug der Sänger erzählt nun vom unausweichlichen Leid unserer Heldin.
Mit unglaublicher Hingabe singt koreanischen Sopranistin Jung Nan Yoon die Titelrolle der jungen Japanerin und gibt ihr mir ihrem starken und wandelbaren Sopran eine Stimme, die gehört werden will. Zu Beginn ist sie strahlend hell in der Höhe und sprüht vor Euphorie beim Gedanken an die bevorstehende Heirat. Sie gibt ihrem Gesang eine besonders weiche Note, indem sie jede Phrase ganz rund beginnt und auch die Schlusstöne bis zum Schluss nicht loslässt, sondern sanft verklingen lässt. Doch nicht nur die zarte Jugend ist Teil ihres Repertoires. Wenn im zweiten Akt die verlassene Butterfly auf ihren Mann wartet, scheint ihr Auftreten wie auch ihre Stimme gealtert und gereift zu sein. Die Klänge scheinen nun noch tiefer aus ihrem Körper zu kommen, sind rauer gefärbt und zeugen trotzdem von einer unerschütterlichen Kraft. Wie ihre Rolle ist sie in der anspruchsvollen Höhe der Partie unbeirrbar und scheint während der gesanglichen Höchstleistung mit ihren Tönen in die Höhe zu steigen.