337 Jahre Jugend - ein Segen oder doch ein Fluch? Dieser Frage geht die Göteborger Oper in ihrer neuesten Produktion mit Janaceks Věc Makropulos, zu Deutsch Die Sache Makropulos nach. Die Kooperation mit der Oper Brno ist die erste schwedische Aufführung dieser Oper von Leoš Janáček in original tschechischer Sprache. Die Kombination von Musik und Design aus Tschechien mit schwedischen Sängern und Instrumentalisten sorgt für ein kurzweilig-spannendes Opernerlebnis.
In einem Anwaltsbüro steht ein lang umstrittener Fall kurz vor seinem Ende. Der millionenschwere Erbschaftsstreit Prus gegen Gregor soll sich nun bald auflösen, doch da taucht plötzlich eine neue Figur im Bild auf: Emilia Marty. Die viel umschwärmte Opernsängerin kennt unerklärlicherweise alle Details des Falles. Unterschwellig versucht sie, den Ausgang zu ihren Gunsten zu beeinflussen und zögert dabei nicht, alle Mittel einzusetzen. Schnell wird klar, dass diese schöne, kalte und skrupellose Frau ein Geheimnis hat. Aus dem Fall der Frage um die Erbschaft wird schließlich der Fall Makropulos, dessen schreckliches Geheimnis sich erst am Ende eröffnet.
Die Regie von David Radok stellt die Entwicklung der Protagonistin in den Vordergrund. Zu Beginn stellten sich einem in bei ihrer Kaltherzigkeit und ihr Egoismus alle Nackenhaare auf. Nur ganz langsam lässt der Regisseur dieses Bild Risse und Sprünge bekommen, und erst im letzten Moment, als die Fassade ganz gesprengt ist, konnte man Mitleid für die gequälte, einsame Frau empfinden. Die Ausstattung des Stücks ist schlicht und rückt die komplexe Geschichte damit in ein greifbares Umfeld. Dunkle Farben dominieren die Szene und unterstützen die Ansammlung aus Zwist und Lügen, die den Großteil der Dialoge einnimmt. Der Wechsel zwischen den verschiedenen Akten erfolgte beinahe nahtlos, indem die Bühnenelemente lautlos bewegt werden und damit neue Räume auftun.
Durch Beleuchtung aus unterschiedlichen Winkeln und in variierender Intensität ändert sich immer wieder die Eindringlichkeit der Erzählung. Im letzten Akt, als Emilias Geheimnis gelüftet wird, waren die zuckenden Lichtblitze dabei schon fast bedrängend und lenken vom Geschehen ab. Die Kostüme sind ganz dem Libretto entsprechend im Stil der 20er Jahre gehalten und lassen alles noch realer erscheinen. Emilias Auftreten ist immer durch die nötige Extravaganz erweitert, sodass man ihr sowohl im be- als auch entkleideten Zustand stets den Großteil seiner Aufmerksamkeit schenkte.
Die musikalische Leitung des Abends unterlag dem tschechischen Dirigenten Marko Ivanović. Mit fester Hand und straffem Tempo führte er die Musiker des Opernorchesters durch die gewundene teils stark dissonante Partitur und schaffte dabei auch den Zusammenhalt der unterschiedlich platzierten Orchestergruppen. Die wenigen rein instrumentellen Partien ließ er dynamisch vielfältig erklingen, sodass neben mehreren wilden Stürmen auch ein harmonisches Wogen Anklang fand. Den von Janáček gekonnt geschriebenen Wechsel zwischen reinen Bläser- und Streicherpassagen hob er gezielt hervor und machte die Musik dadurch noch lebendiger. Die Kombination mit den Stimmen sorgte für ein dichtes Konstrukt, von dem man sich schnell gefangen nehmen ließ.