Es gibt Komponisten, die auch dirigieren und es gibt Dirigenten, die auch komponieren. Erstere haben sich meist mit dem Ziel der Verbreitung ihrer eigenen Werke eine Dirigentenkarriere aufgebaut, wobei sie immer wieder gerne ihre eigenen Werke ins Programm aufnehmen. Im Sinne der größtmöglich authentischen Interpretation eines Werkes mag das sinnvoll erscheinen, es führt aber aufgrund der meist beschränkteren dirigiertechnischen Mittel von dirigierenden Komponisten nicht automatisch zu der bestmöglichen Interpretation eines Stückes. Der finnische Dirigent und Komponist Esa-Pekka Salonen fällt nicht unter diese Kategorie. Er ist zurecht eine Berühmtheit in beiden Metiers. Zwar begann auch er als Komponist, entwickelte sich aber in seinen 20 Jahren als Chefdirigent des Los Angeles Philharmonic Orchestras zu einem der gefragtesten Dirigenten der Welt und als solcher war er sich vor 15 Jahren nicht zu schade, um sich für den Erhalt des Niederländischen Radio Symfonie Orkests einzusetzen. Er unterschrieb nicht nur einen Protestbrief an die niederländische Regierung, sondern kam sogar nach Utrecht, um dieses Orchester in einem Protestkonzert zu dirigieren.
Im vergangenen Jahr vollendete Salonen für seinen Freund Yo-Yo Ma ein Cellokonzert, dessen Solopart in den bisher sieben Aufführungen nur von diesem Cellostar und Nicolas Altstaedt (und das unter der Leitung des Komponisten selbst) gespielt wurde. Die niederländische Erstaufführung dieses visionären Stückes fand nun mit dem Rotterdam Philharmonisch Orkest unter der Leitung von Dima Slobodeniouk statt.
Nach einer kurzen Orchestereinleitung ohne Celli, setzte Altstaedt zusammen mit der Cellogruppe ein, wodurch er sich gleich zu Anfang mit seinen Orchesterkollegen verbrüderte. Als Altstaedt dann später alleine einsetzte, schien sein Celloklang wie aus einer anderen Welt zu kommen. Altstaedt setzte seine gefühlvolle Melodie mit unerhört klarem, den Saal füllenden Ton ein. Das Rotterdam Philharmonisch Orkest (RPhO) begleitete sehr harmonisch und es klang zuweilen fast wie Meditationsmusik.
Der zweite Satz begann mit dem gesamten Orchester, wobei zwei Posaunen den Klang aus der Tiefe leiteten. Diesen Satz beschrieb Salonen selbst als kosmisch und die Sphärenmusik wurde noch unterstrichen durch den Einsatz von elektronischer Apparatur. Der Komponist schreibt nämlich den Gebrauch von sogenanntem Looping vor. Einzelne kürzere Melodiefragmente wurden während dieses Satzes aufgenommen und direkt danach mehrmals wiederholend abgespielt. Zu diesem Zweck waren nicht nur zwei Lautsprechertürme auf der Bühne aufgestellt, der Klang kam auch von im Saal aufgestellten Boxen. Altstaedt spielte also nicht nur wie so mancher Straßenmusikant mit sich selbst im Duett, der Zuhörer bekam ungewollt auch Assoziationen zu elektronischer Popmusik der siebziger Jahre, in der gesteuerte Stereoeffekte psychodelische Erfahrungen ins heimische Wohnzimmer zauberten. Auch Flöte und Becken wurden in der Folge geloopt und sorgten für raumgreifende Klangwolken.