Lange war ungewiss, ob oder wie die zweite Ausgabe des FEL!X-Festwochenendes in der Kölner Philharmonie stattfindet. Mit einer Mischung aus Angst, Hoffnung und der steten Vorfreude auf historisch-informiertes Ertönen der Partituren blickte ich gespannt auf die Homepage des Veranstalters auf der Suche nach neuen Verlautbarungen im Zuge der Corona-Allgemeinverfügungen und der damit möglichen Programmierung. Als schließlich klar war, dass das Mini-Festival über die Bühne gehen kann, fiel mein Augenmerk besonders auf die Opernproduktion, die jedoch schlussendlich nicht gehalten werden konnte. Anstelle der halbszenisch dargebotenen Bononcini-Pastorale Polifemo, die nach einem Jahr in Postdam zum Amtsantritt Dorothee Oberlingers als mitspielende und dirigierende Intendantin der Sanssouci-Festspiele aufgespielt werden sollte, ersetzte Alessandro Scarlattis Serenata a due Il Giardino d'Amore das noch nicht praktikable Aufgebot von sieben Gesangssolisten. Diese bildete in Besetzung und Herkunft nicht nur einen mehr als passenden Übergang vom Vorkonzert des Freiburger BarockConsorts, sondern blieb dem Genre im doppelten Sinne treu, als gleich dem Vorgehen in Potsdam ein Scarlatti-Schäferstündchen hinzugedichtet wurde, das nach allzu darbend zäh empfundener Live-Stille in die erträumten Emotionen der Liebe entführte.
Wie in den eigentlich gesponnenen Naturfängen um Polifemo, dreht sich auch die eben fast austauschbare, beliebte Geschichte von Venus und Adonis um das Erblühen der göttlichen Amore im idyllischen Schautal Arkadiens. Die Liebesgöttin greift dabei zwecks verträglicher Abendunterhaltung nun nicht als segensreiche Mittlerin in das mitunter tödliche Treiben der Halbgötter mythologischer Zünfte ein, sie ist jetzt vielmehr selbst vom Blitz getroffen. Auf der gegenseitigen Suche nacheinander streifen die Versprochenen durch die Fabelwälder, um bei ihrem Sich-finden die Landschaft in ihren Farben und Tönen ersprießen zu lassen. Ein Hauptinstrument zum pastoral-hölzernen Rascheln, freudigen Zirpen und sanften Trällern naturalistisch-sattgrün-pastelliger Liebesliedchen ist wohlweislich die Blockflöte, die Oberlinger mit der Sopranino als gesellige, betörend-filigrane Nachtigall-Imitatorin verlässlich gewitzt und virtuos spielte.
Scarlattis Sonata nona für flauto (alto), archi e basso sowie die Sinfonia zur vermutlich etwas früheren Serenata der Vorverlagerungsgeschichte Venere e Amore hatten – quasi als ausgedehnte Prä-Ouverture – eine instrumentale Einstimmung gegeben, die den Köcher an emotionalen Pfeilen aus Einsam- und Gemeinsamkeit füllte. Mit den ihr eigens berüchtigten Merkmalen von Improvisation, Geläufigkeit, Dynamik, fruchtiger Frische und sinnlichem Affekt trafen die Musiker ein ums andere Mal bereits ins Herz. Cembalo und Erzlaute durften barock-romantische Träumereien zupfen, Oberlinger mit ihren Violin-Partnern Zschenderlein und Sviridov weiche Wiesentäler stillerer Gedanken assoziieren lassen, ehe die Trompete die festlich-strotzende Leidenschaft adonischer Stärke in vortrefflicher Technik vom Plateau ins Weit bließ. Mit spitzenhaftem Können sowie Durchschlagskraft hatten sich jedenfalls die richtigen gefunden.